Werner, heute 40, berichtet über seine Beschneidung wegen "Phimose" im Alter von 8 Jahren:
Ich wurde im Alter von ca. 8 Jahren wegen einer Vorhautverengung komplett beschnitten.
Meine Eltern handelten damals in gutem Glauben, da mein Kinderarzt die Operation als unbedingt nötig erachtete. Im Jahre 1980 war die komplette Beschneidung offensichtlich das einzige Mittel der Wahl.
Von der Operation und auch der Zeit danach weiß ich nur noch sehr wenig. Am deutlichsten in Erinnerung ist mir, wie ich im Krankenbett liege, mit einem dicken Verbandring um meinen Penis.
Als ich in die Pupertät kam und begann mich für Sexualität zu interessieren, las ich natürlich auch die Aufklärungsseiten der Bravo. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie oft dort davon gesprochen wurde, wie schön und hygienisch ein beschnittener Penis doch sei und wie ausdauernd beschnittene Männer beim Sex sind. All dies habe geglaubt und auch jahrelang selbst behauptet. Ich war stolz auf meinen beschnittenen Penis und darauf, wie „standfest“ ich doch war.
Bei meiner Beschneidung wurde die komplette Vorhaut und damit alles sensitive Gewebe an deren Innenseite amputiert. Da die Eichel durch den Eingriff nun frei lag, wurde sie durch die ständigen Reizungen der Unterwäsche und die starken Reize durch Masturbation mit der Hand immer stärker verhornt und dadurch unempfindlicher. Verhornt bedeutet jetzt natürlich nicht, dass meine Eichel aussieht wie ander Leute Ferse. Aber die Eichelhaut ist trocken, viel dicker und oft auch rissig.
Meine eigene Sexualität war von je her geprägt von Enttäuschungen. Enttäuschung darüber, dass die Gefühle, die ich dabei hatte, nicht so intensiv waren, wie ich sie mir vorgestellt hatte, darüber, dass Masturbation sehr lange dauerte und – weil sie oft so lange dauerte – auch schmerzhaft war, darüber, dass es meinen Partnerinnen nur selten gelang, mich oral, mit der Hand oder auch beim Geschlechtsverkehr zum Höhepunkt zu bringen.
Geschlechtsverkehr endete oft in der Bitte meiner Partnerinnen, ich möge doch bald zum Ende kommen, da sie selbst langsam Schmerzen hätten. Ich selbst beginne in diesen Momenten meistens erst, intensive Gefühle zu entwickeln.
Die Schuld für all das schob ich aus Unwissenheit lange Zeit auf die jeweiligen Frauen, hielt sie für frigide oder unterstellte ihnen einfach „es nicht zu können“. Erst jetzt wird mir klar, wie sehr ich doch im Unrecht war.
Als „Ersatz“ für das fehlende Vergnügen begann ich zu experimentieren, sah Pornos und wurde süchtig danach, sammelte und las erotische Geschichten, versuchte es mit erotischen Spielzeug. Doch glücklich wurde ich damit nicht.
Vor allem bei der Selbstbefriedigung benötigte ich im Lauf der Zeit immer intensivere Stimulation durch Bilder oder Videos, da der Moment, in dem ich in meinem Penis angenehme Gefühle spürte, immer später einsetzte.
Als der Drang einen sexuellen „Kick“ zu erleben in mehrere Seitensprünge gipfelte, war auch meine Ehe beinahe kaputt. Noch heute kämpfen meine Frau und ich um unsere Ehe und ich weiß nicht, wie dieser Kampf am Ende ausgehen wird.
Meine Beschneidung hat mir einen großen Teil meiner Sexualität für immer genommen. Das belastet nicht nur mich sehr stark sondern natürlich auch meine Frau, die sehr darunter leidet, dass Sie mir nicht das geben kann, was ich mir wünsche.
Eine so radikale Beschneidung minderjähriger Kinder oder gar Säuglinge stellt für mich eindeutig den Akt der Körperverletzung und Missbrauch Schutzbefohlener dar.
In vielen Postings auf diversen Internetforen schreiben Mütter, dass sie ihre Söhne schon im frühesten Kindesalter „stramm und hoch“ beschneiden lassen, weil es so ästhetisch sei oder gar, weil es die Masturbation in der Jugend verhindern könne. Eine solche Einstellung ist wie ich finde zutiefst verachtenswert, verletzt sie doch grob die Menschenwürde der Kinder.
Ich hoffe, ich kann einen kleinen Beitrag leisten, dieses Verbrechen an Kindern zu beenden.
Ein erwachsener Mann, der an sich rumschneiden lassen will, kann dies gerne tun.
Aber die eigenen Kinder zu verstümmeln aus Gründen eigener Ästhetikwünsche oder zweifelhafter Moralvorstellungen ist einfach nur ekelhaft.