Vorhautverengung (Phimose) – meist total normal!

Inhalt

Das Wichtigste zuerst!

Damit Ihr gar nicht erst lange lesen müsst, das Wichtigste gleich zu Beginn:

1. Eine Vorhautverengung (Phimose) ist keine Krankheit!
2. Eine Vorhautverengung (Phimose) muss nur dann behandelt werden, wenn etwas weh tut, entzündet ist, wenn Ihr nicht normal pinkeln könnt oder wenn Euch die Vorhautverengung beim Sex oder beim Masturbieren stört.
3. Eine Vorhautverengung (Phimose) wird heute meist nicht mehr durch Beschneidung behandelt, wie man dies beim Frisör, im Tante-Emma-Laden um die Ecke und leider auch von einigen Ärzten immer noch hören kann.

Wenn Eure Vorhaut Probleme bereitet und behandelt werden muss, dann geht das ohne Schmerzen, ohne Angst und ohne Beschneidung, nämlich mit Salbe!

Was ist eine Phimose?

In der Kindheit und Jugend lässt sich die Vorhaut bei vielen Jungen noch nicht oder nur ein Stück zurückstreifen. Das hat meist zwei Gründe:

1. ist die Vorhaut an der Spitze noch zu eng, so dass die Eichel nicht durch die Vorhautöffnung schlüpfen kann. Man spricht hier von einer physiologischen Phimose oder, wenn Ihr Euch das besser merken könnt: von einer kindlichen, natürlichen Phimose oder Vorhautverengung. 
2. ist die Innenseite der Vorhaut noch mit der Eichel verklebt (Vorhautverklebung).

96 % aller Jungen werden mit einer Phimose + Vorhautverklebung geboren!

Kindliche Phimose und Vorhautverklebung sind also ganz natürliche Erscheinungen, die dem Schutz der Eichel und der inneren Vorhaut dienen, im Windel- und Kleinkindalter und in den Jahren danach, in denen der Junge sexuell noch nicht aktiv ist, den kleinen Zipfel also erst einmal nur zum Pullern braucht.

Solange das enge, verklebte Häutchen dem Jungen keine Sorgen macht, sich also nicht ständig entzündet, weh tut oder beim „damit Spielen“ stört, lässt man es einfach in Ruhe – jedenfalls bis zur Pubertät.

Bei der kindlichen, natürlichen Phimose unterscheidet man 2 Formen:

1. die absolute Phimose: Hier lässt sich die Vorhaut gar nicht zurückziehen.
2. die relative Phimose: Hier lässt sich die Vorhaut schon ein Stück, aber eben noch nicht ganz bis hinter die Eichel zurückstreifen.

Narbenphimose ist meist selbstgemacht!

Phimose – Das ist normal:

Es gibt ein paar schlaue Wissenschaftler, die in den vergangenen Jahrzehnten herausgefunden haben, in welchem Alter Jungs ihre Vorhaut zurückstreifen können, ohne dass man irgendwie "nachhilft". 

Das Ergebnis:

Jungen können ihre Vorhaut im Durchschnitt erst mit 10,4 Jahren vollständig hinter die Eichel zurückstreifen! So will es die Natur. Wenn es also bei Euch mit 12 oder 13 noch nicht klappt, ist das völlig okay, solange nix weh tut und Euch das nicht stört. 

Angenommen, diejenigen hätten Recht, die behaupten, die Vorhaut müsse mit 6 Jahren zurückstreifbar sein, dann wären 77 % aller Jungen krank oder ihr Penis wäre nicht normal entwickelt.

Überlegt doch mal: Das kann ja gar nicht sein!

Mit 10 oder 11 Jahren können 56 von 100 Jungen ihre Vorhaut noch nicht zurückstreifen. Würde man die alle beschneiden, wie Tante Frieda oder der schlecht ausgebildete Dr. Abschneider raten, würde man 51 Jungen beschneiden, bei denen sich die Vorhaut in den nächsten Jahren von selbst gelöst hätte. Den restlichen 5 Unglücksraben hätte man wahrscheinlich auch mit Salbe helfen können.

Das Lebensalter eines Jungen ist also ein völlig unbrauchbarer Maßstab dafür, ob eine Vorhautverengung behandelt werden muss oder nicht.

Entscheidend ist einzig und allein, ob der betroffene Junge ein Problem mit der Phimose hat oder nicht.

Wann soll eine Phimose behandelt werden?

Behandelt werden sollten Phimose und Vorhautverklebung bei wiederholten Entzündungen, wenn der Urin dauerhaft nicht richtig abfließen kann oder wenn sich die Vorhaut auch in der Pubertät nicht zwanglos hinter die Eichel zurückstreifen lässt.

Und wie kann behandelt werden?

Na jedenfalls nicht mit dem Hackebeilchen und auch nicht mit dem Skalpell oder irgendwelchen mörderischen Klemmen und Klammern!

Das könnt Ihr selbst tun: Baden, cremen und dehnen!

Viele Jungen schämen sich, mit Problemen unterhalb des Bauchnabels zum Arzt zu gehen, was umso peinlicher ist, wenn dann auch noch die Eltern dabei sind.

Deshalb könnt Ihr ruhig erst einmal versuchen, ob Ihr das nicht auch ohne Dok hinbekommt:

Nehmen wir an, Eure Vorhaut entzündet sich immer mal wieder, sie schmerzt oder bläht sich beim Pinkeln auf oder mit 12, 13 oder 14 Jahren wird es Euch langsam lästig, dass Eure Vorhaut immer noch nicht zurückgeht.

Dann solltet Ihr von nun an häufiger ausgiebig baden und anfangen, das Häutchen regelmäßig einzucremen und zu mobilisieren, also im Rahmen des Möglichen zu bewegen. Bepanthensalbe, Vaseline, Ringelblumensalbe, Body- oder Babylotion für trockene Haut mit Vitamin E, mit Olivenöl oder Sheabutter helfen. Diese Dinge könnt Ihr preiswert in jedem Drogeriemarkt kaufen.

Bepanthen (Dexpanthenol) ist etwas teurer und apothekenpflichtig, aber nicht verschreibungspflichtig, d. h. ihr müsst nicht zum Arzt, könnt die Salbe aber nur in der Apotheke kaufen.

Achtung! Bepanthensalbe kann die Reißfestigkeit von Kondomen beeinträchtigen - falls Ihr nach dem Dehnen noch etwas vor habt ...

Babyprodukte sind auf Grund strenger dermatologischer Prüfungen sehr sicher. Hier könnt Ihr kaum etwas falsch machen. Was für Babys gut ist, hilft auch Eurem Penis.

Mit Ringelblumensalbe solltet Ihr zunächst einen kleinen Test machen - auf der zarten Haut an der Unterseite des Handgelenkes zum Beispiel. Rötet sich dort etwas, wendet die Salbe bitte nicht am Penis an. Manche Menschen sind allergisch gegen bestimmte Stoffe in dieser Salbe.

Und so geht's:

So kann Euch der Kinder- und Jugendarzt helfen:

Ansprechpartner für Jungen und junge Männer mit Vorhautproblemen sollte stets der Kinder- und Jugendarzt sein. Das erfordert Mut, aber vielleicht könnt Ihr die Hemmschwelle leichter überschreiten, wenn Ihr vorher schon wisst, was der Arzt tun wird, was er tun kann und was Ihr auch von ihm verlangen dürft.

Die Behandlung der ersten Wahl bei lästiger, schmerzhafter oder entzündlicher Phimose ist immer eine Salbenbehandlung. Ein Kinder- und Jugendarzt hat hier effektive, schmerz- und angstfreie Möglichkeiten:

Er kann Euch verschreibungspflichtige Salben verordnen, die hochwirksam sind und in mehr als 80 % aller Fälle helfen. Das sind Erfahrungswerte aus mehr als 10 Jahren!

Am weitesten verbreitet sind Kortisonsalben, etwa Betamethason, Betnesol oder Clobetasol.

Nicht zu erschrecken braucht Ihr, wenn der Dok Euch eine Östrogensalbe verschreibt (z. B. Estradiol, Ovestin). Manchmal steht dort auf der Packung etwas von vaginaler Anwendung, weil diese Salben eigentlich für Mädchen und Frauen gedacht sind, aber auch bei Vorhautproblemen sehr gut wirken. Ihr könnt das Zeug also bedenkenlos benutzen.

Auch andere Salben wie Diclofenac helfen sehr gut.

Wichtig ist, dass die verschreibungspflichtigen Salben regelmäßig 2 - 3 mal täglich und nicht länger als 6 - 8 Wochen am Stück angewendet werden, aber das erklärt Euch der Arzt.

Wenn‘s schnell gehen muss – vorhauterhaltende OP

Keine Chance für Dr. Abschneider: Tipps für den Arztbesuch

Wenn Ihr Euch entschließt, mit Eurem Vorhautproblem einen Arzt aufzusuchen, dann nehmt Euer Wissen mit, das Ihr hier erworben habt. Bevor Ihr aber losmarschiert, ein paar Tipps für Euch:

1. Termin vereinbaren, dann müsst Ihr nicht so lange warten. Einen Termin dürft Ihr auch jederzeit absagen oder verschieben. Ein guter Kinder- und Jugendarzt wird Euch das nicht übel nehmen.

2. Spickzettel schreiben: Schreibt Euch alles auf, was Ihr sagen und fragen wollt. Gerade bei einer Untersuchung 'da unten' ist man ziemlich aufgeregt und vergisst leicht wichtige Dinge.

3. Zum Kinder- und Jugendarzt könnt Ihr auf jeden Fall auch allein. Ihr benötigt nur Eure Chipkarte. Wenn Eure Eltern mit zum Arzt gehen, dann könnt Ihr auf jeden Fall verlangen, dass sie während der Untersuchung raus gehen.

4. Der Arzt darf Euch nicht gegen Euren Willen untersuchen. Wenn Ihr nur reden wollt, ist das auch okay. Manchmal verschwindet die Angst, wenn man erst einmal Vertrauen zum Arzt gewonnen hat.

5. Sagt laut und deutlich, wenn etwas weh tut. Eine Untersuchung tut normalerweise nicht weh.

6. Wenn Ihr etwas nicht versteht: Fragen! Der Arzt muss Euch alles so erklären, dass Ihr es verstehen könnt. Ein guter Arzt tut das auch gerne.

7. Normalerweise wird der Arzt genau so vorgehen, wie ich es oben erklärt habe: Entweder er sagt, es ist alles okay und es muss gar nichts behandelt werden oder er empfiehlt und verschreibt Euch eine Salbe. Sollte es dringend sein, wird er vielleicht eine vorhauterhaltende OP vorschlagen. Seid misstrauisch, wenn er sofort eine Beschneidung vorschlägt! In diesem Fall stellt Ihr ihn einfach mal auf die Probe, indem Ihr Euer Wissen vorbringt. Dazu könnt Ihr (oder Eure Eltern) auch diesen Flyer nutzen:

Broschüre Mann-oh-Mann

8.  Zieht Euch ein ganz langes T-Shirt an. Auf diese Weise ist Euer bestes Stück wirklich nur dann zu sehen, wenn der Arzt Euch untersucht.

9. Wenn der Arzt eine Operation in Erwägung zieht, dann müsst Ihr zustimmen, auch wenn Ihr noch keine 18 seid. Etwa ab 12 reicht die Zustimmung der Eltern allein nicht mehr aus. Sobald Ihr alt genug seid, um zu verstehen, worum es geht, müsst Ihr gefragt werden und dürft natürlich auch Nein sagen. Euer Nein gilt, selbst wenn Eure Eltern zustimmen.

10. Lasst Euch niemals unter Zeitdruck setzen! Wenn Ihr nicht sicher seid und lieber nochmal in Ruhe überlegen wollt, dann sagt das! Manchmal hat der Arzt "leider nur noch einen Termin frei und der ist schon morgen oder übermorgen!" Das ist Quatsch!

Habt Ihr Fragen oder wollt Ihr Eure Erfahrungen anderen Jungs mitteilen, dann schreibt im Forum!

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Verkehrsschild: StVO
Text: Mario Lichtenheldt 
Zeichnungen: Lukas Ryholec