Für die angebliche Beziehung zwischen „fehlender Beschneidung“ und Genitalkarzinomen wurde früher Smegma und Smegma-bedingte Erreger als Verursacher verantwortlich gemacht. Nur zwei histologische Studien des menschlichen Smegmas wurden jemals durchgeführt, die beide das Smegma für vollkommen harmlos befanden. Smegma besteht aus physiologischen Transudat [natürlicher aus dem Epithel austretender Körperflüssigkeit] vermischt mit Sekreten der Prostata, den Samenblasen, Muzin aus den Harnleiterdrüsen, und abgeschilften Hautzellen. (10, 12, 64)
Die Hypothese, dass menschliches Smegma karzinogen sei, wurde zuerst 1932 von Beschneidungsbefürworter Dr. Abraham L. Wolbarst formuliert (1). Wolbarst glaubte auch, dass Beschneidung der Epilepsie vorbeuge. (Im frühen 20. Jahrhundert wurden die Zuckungen masturbierender Kindern häufig als epileptische Anfälle fehlinterpretiert.) Wolbarst schrieb:„[Die Zirkumzision] vermindert die Tendenz zur Masturbation, Krämpfen und anderen Reflexerscheinungen der örtlichen Reizung.“ Wolbarsts Meinung über die Beschneidung wurde auch von anderen zeitgenössischen Autoren geteilt, wie etwa Peter Remondino und Abraham Ravich.
Keine laboratorische oder klinische Untersuchen zu diesem Thema waren zur damaligen Zeit ausgeführt worden. Dessen ungeachtet, fand Wolbarsts Hypothese über Smegma und seine karzinogene Wirkung den Weg in führende medizinische Lehrbücher. In den 1950er wurden ein paar Experimente ausgeführt um diese Hypothese zu testen, bei denen Pferdesmegma in Wunden von Mäusen injiziert wurde. Es wurden ferner klinische Studien durchgeführt, in denen versucht wurde Krebs auszulösen, indem Mäusen Smegma subkutan und intravaginal eingeführt wurde: Keine Karzinome konnten dabei verursacht werden.
Die Smegma-Hypothese wurde schließlich 1963 von der ausführlichen Studie von Reddy (2) widerlegt. Er kam zu dem Ergebnis: „Der Glaube, dass menschliches Smegma karzinogen sei, konnte nicht nachgewiesen werden.“ (Preston gelangte 1970 in seiner Untersuchung der damals verfügbaren Literatur zur Beschneidung zu dem Ergebnis, dass es kaum Beweise gab um einen Zusammenhang zwischen fehlender Beschneidung und Peniskrebs, Gebärmutterhalskrebs, oder Prostatakrebs zu begründen (6). Leitch (7) kam in Australien zum selben Ergebnis.
Gellis (1978) erklärte, dass es in den USA jährlich mehr Todesfälle infolge der Beschneidung [es handelt sich dabei Säuglinge und Kleinkinder] gibt, als Todesfälle infolge des Peniskrebs [vorwiegend alte Männer jenseits der 70] auftreten.(7)
Boczko et al. fand zahlreiche Berichte von Peniskrebs bei beschnittenen Männern, und widerlegte so eindeutig Wolbarst falsche Behauptungen bezüglich des beschneidungsbedingten Schutz vor Peniskrebs.(9)
In seinem Buch „Circumcision: An American Health Fallacy“ schrieb Edward Wallerstein (14):
„Wenn die Säuglingsbeschneidung den Peniskrebs reduzieren würde, könnten wir erwarten verhältniswenig wenige [Fälle von] Peniskrebs in den beschneidenden Nationen verglichen mit den nicht-beschneidenden Völkern vorzufinden. Kein solcher Unterschied lässt sich feststellen.“
Wallerstein beschreibt, dass für unterschiedliche Jahre zwischen 1966 und 1972 die jährliche Rate für neue Fälle von Peniskrebs 0.8 für die USA (in der damals fast alle neugeborenen Jungen beschnitten wurden) betrug, und 0,5 für Finnland, 0.9 für Dänemark, und 1,1 sowohl für Norwegen als auch Schweden betrug (Länder, in denen die Beschneidung damals extrem selten war und immer noch ist). Keiner dieser Differenzen ist statistisch bedeutsam. Auch hatten innerhalb dieses Zeitraums sowohl Frankreich wie auch die USA die gleiche Todesrate, 0.3, infolge von Peniskrebs.(10)
Der Zusammenhang zwischen der Präsens des humanen Papillomvirus (HPV) und der Entstehung von Genitalkrebs wurde in den 1980ern nachgewiesen.(15, 17, 18, 19, 20, 21) Hellberg et al. (1986) machte Tabakkonsum als einen weiteren Risikofaktor für den Peniskrebs aus. Poland identifizierte 1990 den Humanen Papillomvirus der Typen 16 und 18 als die Ursache des Penis -und Cervixkrebs. Cervixkrebs weist epidemiologische Ähnlichkeiten mit Geschlechtskrankheiten auf. Der humane Papillomvirus wird durch sexuellen Kontakt übertragen.(29) DNA Sequenzen von HPV wurden in mehr als 50% aller um 1989 untersuchten Cervixkarzinomen nachgewiesen.(26)
Im Februar 1996, erklärten Vertreter der American Cancer Society in ihrem Brief an die American Academy of Pediatrics:
„Die American Cancer Society betrachtet die Routine-Beschneidung nicht als zulässige effektive Maßnahme zur Prävention solcher [genitaler] Krebserkrankungen. Forschungsarbeiten, die auf ein Muster im Beschneidungsstatus der Partner von Frauen mit Gebärmutterhalskrebs hinweisen, sind methodologisch fehlerhaft, veraltet und werden innerhalb der medizinischen Gemeinschaft schon jahrzehntelang nicht mehr ernst genommen.“
1993, veröffentlichte Christopher Maden, Ph.D., et al. eine Studie (29) in der 110 Männer mit Peniskrebs, der vom Januar 1979 bis Juli, 1990 diagnostiziert wurde, befragt wurden. Von diesen 110 Männern waren 22 bei der Geburt, 19 im späteren Leben, und 69 nie beschnitten worden. Die Mehrheit der befragten Männer waren intakt, 37% waren beschnitten und 20% waren als Säuglinge beschnitten worden. Bei beschnittenen Männern tritt der Krebs gewöhnlich entlang der Beschneidungsnarbe auf. Finnland, in der die Beschneidung extrem selten praktiziert wird, hat eine geringe Inzidenz von Peniskrebs.(48)
Es ist deshalb kategorisch falsch, dass Beschneidung das Risiko für Peniskrebs eliminieren würde, trotzdem wurde dieses Behauptung nonchalant in einer Reihe Paper von Schoen, Wiswell und Weiss. Tatsächlich deuten die Daten nur an, dass andere Faktoren- darunter Rauchen, (22, 30)-Genitalwarzen, und mehr als 30 Sexualpartner das Risiko für Peniskarzinome erhöhen.(27)
Um Dr. George Denniston zu zitieren (28):
„Peniskrebs ist extrem selten mit einem lebenslangen Risiko zwischen 1/600 und 1/1300. Er befällt hauptsächlich ältere Männer. Selbst wenn die Beschneidung [der Entstehung von Peniskrebs] vollständig vorbeugen könnte (was nicht der Fall ist), wären ungefähr tausend Vorhaut-Amputation notwendig um einen Fall von Peniskrebs zu verhindern. Ein tausend Säuglinge würden verstümmelt, und mehrere würden sterben nur um einen Fall von Krebs zu verhindern. Wer könnte Vorhautamputation aus diesem Grund wissenschaftlich vertreten wollen?“
In ihrer 1996 Erklärung, merkte die Canadian Paediatric Society [dt. Kanadische Kinderärztliche Vereinigung] an:
„Cadman, Gafni und McNamee berechneten, dass die Kosten für die Beschneidung von 100000 männlicher Säuglinge 3,8 Millionen $ beträgt, und dass diese Maßnahme nur zwei Fälle von Peniskrebs vorbeugen würde, Sie schätzen die Kosten der Prävention auf das 100 fache der Behandlung.“(13)
Es gibt zahlreiche dokumentierte Fälle von Peniskrebs bei beschnittenen Männern. Um das Risiko für Peniskrebs zu reduzieren sind Männer am besten beraten, einfach vernünftige Hygiene einzuhalten, verantwortliches Sexualverhalten zu praktizieren und den Tabakkonsum zu meiden.
Die Geschichte des Peniskrebsmythos wurde von Fleiss and Hodges im British Medical Journal (32) veröffentlicht.
Post-Zirkumzision Karzinome können an der Beschneidungsnarbe auftreten.(16, 23) Die Ursache ist unbekannt. Man kann die Hypothese aufstellen, dass das Gewebe der Beschneidungsnarbe weniger resistent gegen die Penetration mit HPV ist, die dann ihre DNA auf die menschlicher Zelle überträgt und so den Wachstum der Neoplasme auslöst. Weiter Forschungsarbeit ist nötig um die Ätiologie des Post-Zirkumzision Karzinoms zu bestimmen.
Die American Cancer Society veröffentlichte im Juni 1999 eine fünfteilige Empfehlungserklärung zum Peniskrebs. Die Beschneidung wird als nutzlos erachtet um das Risiko für Peniskrebs zu reduzieren . Die ACS nennt HPV, Rauchen, und Phimose als Risikofaktoren. Sexuell aktive erwachsene Männer sollten ihre phimotische Erkrankung behandeln lassen.
Die ACS erklärt, dass Peniskrebs in Europa und Nordamerika extrem selten ist. Diese Krebsart betrifft nur 12 von 100000 Männern. Peniskrebs tritt häufig weit nach dem 50. Lebensjahr auf, obschon diese Krebserkrankung in seltenen Fällen früher auftreten kann.
Eine neu entwickelte (HPV) bi-valente Schutzimpfung gegen Humane Papillomviren bietet Schutz gegen alle Formen von ano-genitalen Krebs bieten, einschließlich Peniskrebs, und ist seit mehreren Jahren erhältlich.(59)
Die Beschneidung bietet keinen Schutz gegen Peniskrebs. Selbst wenn sie es täte, ist sie aufgrund der heutigen Verfügbarkeit effektiver HPV-Impfungen nicht mehr länger notwendig.
Die Hypothese, dass die Entstehung des Gebärmutterhalskrebs durch das Smegma der männlichen Vorhaut verursacht würde, wurde 1954 vom US-amerikanischen Arzt Ernest Wyder erfunden. Seine Studie stellte sich als falsch heraus, da die meisten seiner Gebärmutterhalskrebspatientinnen in seiner Studie fälschlich angaben, dass ihre Ehemänner unbeschnitten waren. Diese Frauen hatte keine Ahnung, ob ihre Ehemänner beschnitten waren oder nicht. Sie gaben die Antwort, von der sie dachten, dass der Arzt sie hören wolle. Wyder erkannte und gestand später seinen Fehler im Jahr 1960.(3) Bereits 1962 wurde die Hypothese, die Beschneidung des Mannes schütze vor Gebärmutterhalskrebs, formell und wissenschaftlich von Stern widerlegt.(4)
Stern und Neely untersuchten einige der frühen Forschungsarbeiten zu diesem Thema.:(4)
„Da die Empfehlung gemacht wurde, dass Beschneidung als Präventivmaßnahme gegen Cervixkrebs angewendet werden solle, suchten wir weitere Bestätigung dieser Hypothese. Eine beinahe ideale Population war die der gesunden Frauen, die eine Einrichtung zur Krebserkennung aufsuchten, wo die Population beinahe gleichmäßig zwischen Frauen aufgeteilt war, deren Ehemänner beschnitten waren, und jenen, deren Ehemänner nicht [beschnitten] waren. Die Erkennungsrate für den Gebärmutterhalskrebs bei nicht-jüdischen Frauen mit beschnittenen Ehepartnern unterschied sich nicht von der Rate bei nicht-jüdischen Frauen mit unbeschnittenen Ehemännern. Desweiteren stellte sich heraus, dass der Gebrauch eines Präservativs durch den Ehepartner, das insofern den gleichen Effekt wie die Beschneidung hat, dass es die Gebärmutter vor Kontakt mit Smegma schützt, in keinem Zusammenhang mit unterschiedlichen Raten von Gebärmutterhalskrebs steht.“
Diese Studie, mehr noch als die vorhergehenden, zerstörte den Mythos, dass die Präsenz der Vorhaut oder des Smegmas in irgendeinem Zusammenhang mit der Inzidenz [Häufigkeit] des Gebärmutterhalskrebs der Partnerin steht. Siehe auch.(37-39)
Ho et al. (36) haben gezeigt, dass Co-Faktoren wie Tabbakkonsum nötig sein können um mit dem humanen Papillomavirus (HPV) infizierte cervicale Hautzellen zum Krebsstadium zu befördern. Ho et al. (37) weisen auch darauf hin, dass hohe Antioxidantien-Werte im Blutserum einen gewissen Schutz bieten können, obwohl weitere Studien nötig sind, um diese Schutzwirkung eindeutig nachzuweisen.
Walboomers berichtete, dass HPV-DNA in mehr als 99.7 Prozent der Cervixkrebszellen nachgewiesen wurde. Die Infektion mit dem human Papillomavirus (HPV) ist eine notwendige Bedingungen für den Gebärmutterhals Krebs.(48)
Die bekannten Ätiologien (Krankheitsursachen) des Gebärmutterhalskrebs sind: früher Beginn sexueller Aktivität, die Anzahl der Sexualpartner, Rauchen und die Präsenz von HPV.(27) Auf der Grundlage des aktuell verfügbaren Beweismaterials aus der medizinischen Wissenschaft, wäre es falsch zu behaupten, es gebe einen Zusammenhang zwischen Gebärmutterhalskrebs und der Präsenz der Vorhaut beim männlichen Partner.
Das New England Journal of Medicine veröffentliche 2002 einen Artikel von Castelsagué und Kollegen. Dieser Artikel behauptete aufzuzeigen, dass die Beschneidung das Risiko für HPV-Infektionen der Partnerin senken würde. Dieser Artikel wurde aufs schärfste kritisiert, aufgrund zahlreicher methodologischer Fehler, seiner Widersprüchlichkeit mit anderen publizierten Studien, und anderen Forschungsberichten von den selben Autoren, die zeigten, dass bei Ehemännern und Frauen verschiedene HPV-Typen vorgefunden wurden.(51, 52, 53, 54, 55, 56) Es wurden im Vorfeld von redaktionellen Problemen beim New England Journal of Medicine berichtet. Die Veröffentlichung dieses fehlerhaften Artikels kann das Ergebnis dieser redaktionellen Probleme gewesen sein.
Siehe die NOCIRC Stellungsnahme für weitere Informationen über Gebärmutterhalskrebs und Beschneidung.(54)
Menszer et al. belegten, dass die Genetik, nicht die männliche Beschneidung für die niedrige Inzidenz von Gebärmutterhalskrebs unter jüdischen Frauen verantwortlich ist.(57) Die Hypothese, dass jüdische Frauen weniger häufig an Gebärmutterhalskrebs erkrankten, weil ihre Ehemänner beschnitten sind, wird durch diesen Befund widerlegt.
Schutzimpfung Die Infektion mit dem humanen Papillomavirus (HPV) ist die notwendige, jedoch nicht alleinige, Voraussetzung für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs .(48) Eine bi-valente Schutzimpfung, die beträchtlichen Schutz vor Infektion mit HPV bietet, wurde erfolgreich getestet.(60) Es ist zu erwarten, dass diese Schutzimpfung die Häufigkeit von HPV-Infektionen, Gebärmutterhalskrebs und damit verbundenen Todesfällen stark reduzieren wird.(61) [Dieser bivalente (zweifache) HPV-Impfstoff (wirksam gegen die HPV-Typen 16 und 18), sowie ein weiterer, tetravalenter (vierfacher) HPV-Impfstoff (gegen die HPV-Typen 6, 11, 16 und 18) ist nun seit 2007 in Europa erhältlich.] Es wurde niemals nachgewiesen, dass die männliche Beschneidung irgendeinen echten Schutz gegen HPV-Infektionen beim weiblichen Partner bietet, aber selbst wenn sie dies täte, wäre die Beschneidung trotzdem unnötig, da die neue Schutzimpfung den Schutz bietet.(63)
Siehe auch: Gebärmutterhalskrebs: die wirklichen Ursachen und die wirkliche Behandlung
Heute wissen wir: Die Hauptrisikofaktoren sowohl für Peniskrebs als auch Gebärmutterhalskrebs sind der Tabbakkonsum (3, 6), durch den Karzinogene über den Blutstrom durch den ganzen Körper verbreitet werden, sowie die Präsenz des humanen Papillomavirus (HPV) (7), der durch sexuelle Aktivität übertragen wird.
Abraham Wolbarsts Werbeaussagen aus den 1920er und 1930er Jahren, denen zufolge die Beschneidung dem Peniskrebs vorbeugen könne, waren falsch und täuschten die Ärztegemeinschaft über Jahrzehnte hindurch.(4) Die Beschneidung beugt weder dem Peniskrebs bei Männern noch dem Gebärmutterhalskrebs beim weiblichen Partner vor.
Eine neue Schutzimpfung gegen den humanen Papillomvirus (HPV) schützt sowohl vor Penis- als auch Gebärmutterhalskrebs.(25) Die Angst vor Krebs darf nicht dazu missbraucht werden, um die Praxis der männlichen Beschneidung zu rechtfertigen.
„Die Ergebnisse belegen nicht die Theorie, dass Frauen, deren Ehemänner beschnitten sind, mit geringer Wahrscheinlichkeit an Cervixkrebs erkranken, als diejenigen Frauen, deren Ehemänner unbeschnitten sind. Damit stimmt diese Studie mit den Befunden von Jones et al. (1958), Dunn und Buell (1959), und Boyd und Doll (1964) überein.“
„Zusätzliche Variablen, die häufiger und von größerer Bedeutung unter Patienten mit Cervixkrebs sind, frühes Alter beim ersten Geschlechtsverkehr, multiple Sexualpartner, niedriger sozioökonomischer Klasse. Solange keine chirurgischen Gründe (wie Phimose) beim Ehemann bestehen, ist dieser Eingriff unbegründet.“
„Keine Unterschiede beim Beschneidungsstatus der Ehemänner von Patienten mit Cervixdysplasie und der Kontrollgruppen wurden gefunden. Die Befunde dieser Studie stimmen mit denen von Aitken-Swan und Baird überein. Sie konnten keinerlei Beweise dafür liefern, dass der Beschneidungsstatus mit invasiven Karzinomen der Cervix, Carzinoma in situ, oder Cervixdisplasien in Beziehung stünde.“