Getrennt bei der Geburt

Men’s Health (US Ausgabe), Juli/August 1998, Seiten 130-135,163.

GENTRENNT

Für den typischen Amerikanischen Jungen, beginnt das Leben mit der Beschneidung, ein schmerzvoller Schnitt in die empfindliche Haut seines Penis.

BEI DER GEBURT

GETRENNT BEI DER GEBURT

VON MARK JENKINS

Für den typischen amerikanischen Jungen beginnt das Leben mit der Beschneidung, ein schmerzvoller Schnitt in die empfindliche Haut seines Penis. Ist das wirklich notwendig?

Das Baby, J. Hernandez ist weniger als einen Tag alt… sein winziger Kopf ist immer noch leicht verformt, seine Augenlider verquollen, sein Mund ist halb offen im Schlaf. Die Schwester hat ihn von seiner Mutter genommen und bringt ihn in einen Nebenraum in der pädiatrischen Station. Die Schwester schaltet eine weiße Wärmelampe mit ihrem Ellbogen an, holt das Kind aus seiner blauen Decke, und legt ihn in die geformte Plastikschale, die mit dem Operationstisch verschraubt ist. Die Badewannen-artige Schale wird Circumstraint genannt. Es gibt Einbuchtungen für die Arme und Beine des Babys. Die Schwester bindet die Velcrobänder um seine Extremitäten, biegt die Lampe über ihn und tritt zurück. Das Baby ist nackt und liegt mit ausgestreckten Armen und Beinen da. Es fängt an zu weinen .


Alle 30 Sekunden wird ein männliches Baby beschnitten. Es ist die am häufigsten durchgeführte Operation in Amerika. Sie wird gewöhnlich ohne Anästhetikum durchgeführt, und oft ohne die Einwilligung der Eltern. 

„Ich habe es nie infrage gestellt“, erklärt Kyle Joseph, Vater eines beschnittenen Jungen. „Der Arzt nahm ihn mit, führte die Operation aus, und brachte ihn wieder zurück. Das war einfach so üblich. Ich wurde beschnitten; er wurde beschnitten. Ich erinnere mich noch nicht mal daran ein Einwilligungsformular unterzeichnet zu haben.“

Das ist typisch, erklärt Dr. med. Craig Shoemaker, ein in North Dakota ansässiger Kinderarzt und Mitglied der Projektgruppe zur Beschneidung des amerikanischen Kinderärzteverbandes, der American Academy of Pediatrics (AAP). „Viele Ärzte beraten die Eltern nicht richtig über die Beschneidung, welche Risiken es gibt, was die potentiellen Vorteile sind, und wie viel es kostet. Eine Beschneidung ohne eine solche Beratung durchzuführen ist unangemessen. Einige Leute würden das als Körperverletzung bezeichnen.“

Die meisten Eltern wissen nicht einmal, was eine Beschneidung wirklich ist, und trotzdem erlauben 65% von ihnen Ärzten diese Operation durchzuführen.

Amerika ist das einzige Land in der Westlichen Welt, dass seine neugeborenen Jungen beschneidet. 85 Prozent der männlichen Weltbevölkerung sind unbeschnitten.

„Die Praktik verletzt alle sieben Prinzipien des Ethikkodes der amerikanischen Ärzteverbandes“, erklärt Dr med. George Denniston, ein Arzt aus Seattle und Gründer von Doctors Opposing Circumcision. “per Definition ist es noch nicht mal eine Operation. Unter einer Operation versteht man die Entfernung von erkranktem Gewebe, oder eine Reparatur irgendwelcher Art.“

„Schwachsinn“, sagt Edgar Schoen, M.D., Direktor des perinatalen Screenings am Kaiser Permanente Medical Center in Kalifornien, und ein entschiedener Befürworter der Beschneidung. „Es gibt zahlreiche Gründe dafür.“ Diese Auseinandersetzung über die Vor- und Nachteile der Beschneidung tobt in der Ärztegemeinschaft nun schon seit beinahe drei Jahrzehnten. Währenddessen, wird weiter beschnitten...

 

Jede Neugeborene Junge wird auf ein Circumstraint geschnallt, wie es oben gezeigt wird. Chirurgischen Instrumente beinhalten Scheren, Gefäßklemmen und ein Skalpell

Der Arzt betritt den Raum, schrubbt sich die Hände über dem Waschbecken, und zieht sich Plastikhandschuhe über. Die Schwester reicht ihm ein Paket, und er öffnet es auf dem Operationstisch neben dem Kind. Darin sind mehrere große, hellblaue Stofftücher, einige Verbandmulle; eine Spritztube Betadin (eine antiseptische Salbe); und ein Sortiment an Utensilien aus rostfreiem Stahl: Eine Schere, zwei Gefäßklemmen (kleine Nadelzangen), eine schwere Metallklemme die mit einem hohlen Kegel verbunden ist, einen Skalpellhalter, und ein Skalpell in einer sterilen Verpackung.


Wenn sie wie die meisten amerikanischen Männer sind, dann sind sie beschnitten. Sie haben vielleicht keinen Gedanken daran verschwendet seit der Junior High School, als sie zum ersten Mal entdeckten, dass nicht jeder Junge im Umkleideraum gleich aussah. Tatsächlich denken sie, wenn sie jetzt Singel oder kinderlos sind, dass das eine reine Vater/Sohn Angelegenheit ist, die für sie kaum von Bedeutung ist. Falsch gedacht. „Die Beschneidung entfernt ein Drittel bis zur Hälfte der gesamten Penishaut erklärt Ronald Goldman, Ph.D, und leitender Direktor des Circumcision Resource Center in Boston und Autor von Circumcision: The Hidden Trauma. „Die durchschnittliche Beschneidung schneidet das ab, was zu ungefähr 12 Quadratzoll an sexuell empfindsamer Haut heranwachsen würde.“

Laut dem kanadischen Pathologen Dr. med John Taylor, ist die Vorhaut einer der entscheidenden erogenen Zonen des männlichen Körpers. Ihre über 70 Meter an Nerven und 3.000 bis 10.000 Nervenendungen sind denen der Fingerspitzen und der Lippen ähnlich.

„Die Punkt ist“, sagt Goldman, „wenn es um Sex geht, wissen beschnittene Männer einfach nicht, was ihnen fehlt.“ Aber einige schon. Mehr und mehr sprechen sich Männer, die als Erwachsene beschnitten wurden (aus verschiedenen medizinischen Gründen), gegen die Beschneidung aus, und liefern damit Berichte aus erster Hand über das Davor und das Danach der Beschneidung.

„Ich hatte umfangreiche sexuelle Erfahrungen, und ich war sehr glücklich als intakter Mann,“ sagt Rick Thomas, der auf Anraten seines Arztes im Alter von 26 Jahren beschnitten wurde. „Nach meiner Beschneidung, war das Vergnügen vollkommen weg. Auf einer Skala von 1-10, beträgt das Vergnügen mindestens 11 oder 12; mit dem beschnittenen Penis hat man Glück, wenn man die 3 erreicht. Wenn Männer, die bei der Geburt beschnitten wurden über ihren Verlust an Vergnügen Bescheid wüssten, würden sie die Krankenhäuser stürmen und nicht zulassen, dass ihre Söhne dem unterzogen werden.“

Douglas MacArthur, ein 55 Jähriger Schlosser aus Pennsylvania, der als erwachsener beschnitten wurde, berichtet über ähnliche Probleme. „Sex vor der Operation war wie einen Luxuswagen mit automatischer Gangschaltung zu fahren“, erklärte er. „Ich konnte einfach dahin gleiten. Jetzt ist der Sex wie einen kleinen antriebsloser Kompaktwagen mit Handschaltgetriebe zu fahren. Es braucht eine Menge Arbeit um irgendwo hinzukommen. Mein Penis hat 90% seiner Empfindsamkeit verloren.“

Erst im letzten Jahrzehnt haben Wissenschaftler dem Aufbau und der Funktion der Vorhaut tiefgehende Studien gewidmet. Die Vorhaut ist eine komplexes, zwei-schichtiges Organ, das dem Augenlid ähnelt. Die Vorhaut ist dazu konzipiert die Eichel vor Reibung und Infektionen zu schützen. Ihre Oberfläche macht rund 50 % der gesamten Penishaut aus, und faltet sich um die Penisspitze. Ihre innere Oberfläche besteht aus einer glatten Schleimhaut, die antibakterielle und antivirale Feuchtigkeitsmittel produziert, die noch zusätzlich die Eichel vor Reibung und Infektionen schützt. Weil die Eichel in dieser feuchten Hülle ummantelt ist, behält sie ihre Sensitivität. Während des Sex, gleitet die Vorhaut entlang des Schafts, und sorgt so sowohl für Lubrikation als auch Stimulation.

So weiß eine Ehefrau über ihren unbeschnittenen Ehemann zu berichten: „Es gibt eine große Industrie in diesem Land, die Gleitmittel und Gele verkauft um den Sex zu steigern, aber sie sind unnötig für die Glücklichen unter uns, die einen unbeschnittenen Mann geheiratet haben. Die Eichel eines intakten Mannes ist natürlich feucht und saftig.“


Der Arzt schrubbt die Hoden und den Penis des Babys mit einer in Desinfektionsmittel getunkten Mull ein, legt dann ein Tuch über seinen Torso, ein anderes über seine Beine, und ein Drittes, mit einem kleinen Loch in der Mitte über seine Genitalien. Er steckt seinen winzigen Penis durch das Loch. Das Baby weint immer noch. Die Schwester erwähnt, dass sich Babys am sichersten in der fötalen Position fühlen. Sie sagt, sie hassen es, wenn man ihre Arme und Beine von ihrem Körper wegstreckt. Die Eltern sind nicht im Raum. Die Schwester schließt die Tür.

Ohne ein Betäubungsmittel zu verwenden, greift der Arzt die Vorhaut mit einer Klemme und beginnt sie von der Eichel zu reißen

 

Außerhalb der Jüdischen Gemeinde, wo die Beschneidung ein religiöser Ritus ist, war die Beschneidung bis 1870 in Amerika praktisch unbekannt, als Dr. Lewis Sayre behauptete einen 5 Jahre alten Jungen von der Lähmung geheilt zu haben, indem er seine Vorhaut in die Länge zog und abschnitt. Die folgenden zwei Jahrzehnte lang, machten sich Dr. Sayre und seine Verbündeten auf einen Kreuzzug für die Beschneidung, und behaupteten die Beschneidung heile unter anderem Hüftgelenkserkrankungen, Epilepsie, Hernien, Krämpfe Elephantiasis, schlechte Sehkraft, Tuberkulose, Rektalprolaps. Das wurde natürlich alles widerlegt und die Beschneidung wäre wahrscheinlich längst aus der Amerikanischen Ärzteszene verschwunden, hätten ihre Verfechter keine neue Verkaufsmasche gefunden: Eine Heilung der Masturbation.

Für die öffentlich puritanischen aber privat lüsternen Viktorianer war die Masturbation die Wurzel zahlreicher gesellschaftlicher Übel und körperlicher Krankheiten, einschließlich Blindheit und sogar Wahnsinn. Natürlich glaubten sie, dass wenn die Beschneidung der Masturbation vorbeugen könne, sie die anderen Krankheiten genauso verhindern könne.

Ärzte aus dieser Zeit berichteten, dass „die Entfernung der schützenden Hülle der Eichel dazu neigt die Empfindsamkeit des Penis abzustumpfen“ und „dadurch die sexuellen Lust zu verringert.“ 1888, fasste John Harvey Kellogg, M.D., der berühmte Zerealientycoon, die Meinung der Ärzteschaft zusammen und gab damit die Rechtfertigung für die nächsten 60 Jahre Vorhautentfernung. “Ein Mittel gegen die Masturbation, die bei kleinen Jungs fast immer erfolgreich ist, ist die Beschneidung. Die Operation sollte von einem Chirurg ohne die Verwendung eines Narkosemittels durchgeführt werden, da der mit der Operation verbundene Schmerz eine heilsame Wirkung auf den Geist haben wird.“


Der Arzt nimmt die Skallpelklinge mit der Halterung auf, und platziert sie dann neben dem Baby. Indem er die Gefäßklemme in die Hand nimmt, die einer scharfspitzigen Zange ähnelt, beginnt er, den Penis in der einen Hand haltend, die Spitze der Gefäßklemme z durch das Loch am Ende der Vorhaut bewegen. Die Vorhaut ist eng mit der Eichel verbunden, wie ein Fingernagel mit einem Finger. Der Arzt beginnt damit die Spitze [der Gefäßklemme] zwischen die Vorhaut und die Eichel zu rammen. Die Operation ist ähnlich als steckte man eine Rasierklinge unter den Fingernagel. Das Baby kämpft auf der Plastikschale, mit offensichtlichen Schmerzen.


Ende des Zweiten Weltkriegs war klar, dass die Beschneidung Männer nicht davon abhielt zu masturbieren; aber, bis dahin, war dieser Eingriff institutionalisiert worden. Er war zur Norm für weiße Amerikanische Männer der Mittelklasse geworden. Die unbeschnittenen waren meist kürzlich angetroffene Immigranten oder Afroamerikaner. Wahrscheinlich als Folge rassistischer Vorurteile, wurde der unbeschnittene Penis als unhygienisch oder unsauber angesehen.   

Aber auch das stellte sich als falsch heraus. 

„Der unbeschnittene Penis ist selbst-reinigend“ erklärt Robert Van Howe M.D, ein Kinderarzt aus Wisconsin, der die Ursachen der Beschneidung seit über 20 Jahren erforscht.“ Jedesmal wenn sie urinieren, spülen sie den Präputialraum aus. Die Hygiene Frage war nur eine weiterer Vorwand. Seit ihren Anfängen, ist die Beschneidung eine Operation auf der Suche nach einer Begründung. Zuerst waren es Krankheiten, dann Masturbation, dann Hygiene; und jetzt sind wir wieder zurück bei Krankheiten.“ 1971 erklärte die Amerikanische Kinderärzteverband die American Academy of Pediatrics (AAP), dass Beschneidung medizinisch unnötig sei. Zu dieser Zeit wurden mehr als 80% der amerikanischen neugeborenen Jungen beschnitten. Dann 1989 veröffentlichte die AAP ein neues Grundsatzpapier, das zweideutig erklärte: „Die Neugeborenenbeschneidung hat potentielle medizinische Vorteile, wie auch Nachteile und Risiken“, trotzdem war im folgenden Jahr die Rate bei 59 Prozent.

Dr. Schoen stand der AAP-Arbeitsgruppe damals vor, die diese Revision vornahm. Er steht immer noch zu der Position, und behauptet dass die Vorhaut das genitale Äquivalent des Blinddarm sei, und die Neugeborenenbeschneidung eine „präventive Gesundheitsmaßnahme vergleichbar mit der Schutzimpfung“.

„Der bedeutsamste Gesundheitsvorteile der Beschneidung ist das verminderte Risiko für Harntraktinfektionen,“ erklärt Dr. Schoen, und beruft sich auf sehr bekannte Studie von 1985*, die wie er sagt seitdem von anderen Studien „überwältigend bestätigt“ wären.

*[Mit der „wohl-bekannten“ 1985er Studie ist die sogenannte „Wiswell-Studie“ gemeint, benannt nach Thomas. E. Wiswell einem entschiedenen Beschneidungsbefürworter, die jener zusammen mit einem Mitarbeiter an seinem Schreibtisch durchführte. Wiswells Studie wurde im Nachhinein aufs schärfste kritisiert und weist methodologische Fehler auf. Unter anderen stellte sich heraus, dass in Wiswells retrospektive Studie die unbeschnittenen Säuglinge fast nur besonders anfällige Frühgeburten waren. Die oben erwähnten „anderen Studien“ sind vom selben Autor]

Die Wiswell-Studien wurden zwischenzeitlich von mehreren nachfolgenden Studien entkräftet. Siehe Beschneidung und Harntraktinfektionen für weitere Informationen Anm. d. Red.]

Aber Dr. med. Martin Altschul, ein Kinderarzt und ein am M.I.T.-ausgebildeter Mathematiker, hat die Forschungsarbeit erneut untersucht und stellte fest, dass sie mit Fehlern behaftet ist.

Der Penis wird mit einer Comco Klemme gesichert und eine Stahlkegel wird über die Eichel geschoben. Danach wird die Vorhaut vollständig abgeschnitten

„Die ganzen Forschungsarbeiten zu diesem Thema ist ein „Wie-lügt-man-mit- Statistik-Klassikern“, argumentiert Dr. Altschul. „Je nachdem, wie man die Daten sammelt, kann man faktisch jedes Resultat erhalten, das man will.“ Dr. Altschuls eigene Untersuchungen fanden auch heraus, dass viele der Harntraktinfektionen bei unbeschnittenen Jungen „auf kongenitale Anomalitäten zurückzuführen waren“. Kürzlich haben mehrere Studien nahegelegt, dass die Neugeborenenbeschneidung die Infektionsrate in Wirklichkeit erhöht.“

Dr. Schoen zitiert zwei weitere medizinische Vorteile der Beschneidung, nämlich ein verringertes Risiko an Peniskrebs zu erkranken oder an einer sexuell übertragbaren Krankheit zu erkranken, wie etwa HIV oder Syphilis.

„Es ist wahrscheinlicher vom Blitz getroffen zu werden als an Peniskrebs zu erkranken.“ entgegnet Dr. Van Howe. „Japan, Norwegen, Finnland und Dänemark haben alle niedrigere Raten als die USA, und sie beschneiden ihre Söhne nicht.“

Tatsächlich schrieben 1996 Vertreter der American Cancer Society einen Brief an die AAP, in dem sie darauf hinweisen, dass „die Todesfälle verursacht durch die Beschneidungsunfälle ungefähr der Todesrate aufgrund von Penisskrebs entspricht.“ Der Brief erklärte auch „die falsche Meinung fortbestehen zu lassen, dass die Beschneidung Krebs vorbeuge ist unangemessen.“

„Peniskrebs ist extrem selten mit weniger als einem Fall von 100 000 Männern“, fügt Dr. Altschul hinzu. “Es ist lächerlich auch nur anzudeuten, dass wir nur wegen einem winzigen Risiko für eine Krankheit gleich jedem kleinen Jungen die Vorhaut abschneiden sollten.“

„Brustkrebs tritt sehr häufig bei Frauen auf“, sagt Dr. Dennston, „viel häufiger als alle angeblichen gesundheitlichen Risiken der Vorhaut zusammengenommen. Rechtfertigt das etwa alle Brüste während der Pubertät abzuschneiden?“

Was ist mit beschnitten Männern und Geschlechtskrankheiten? Eine aktuelle Studie  die im Journal of the American Medical Association veröffentlicht wurde, fand heraus, dass beschnittene Männer eine höhere Inzidenz von Syphilis und HIV hätten. Aber sie hätten eine höhere Rate an Herpes-Infektionen, Hepatitis und Chlamydien. Insgesamt, schrieben die Autoren der Studie, fanden sie „keinen Beleg einer prophylaktischen Rolle der Zirkumzision, und eine leichte Tendenz in die entgegengesetzte Richtung.“

„Das Fazit“, sagt Dr. Denniston, „ist das die angeblichen Vorteile der Beschneidung kaum an die Risiken herankommen.“


Das Kind kämpft gegen die Bänder, Die Vorhaut ist fest mit der Eichel verbunden, und es ist schwer sie abzureißen. Der Arzt scharrt mit der Spitze der Gefäßklemme in einer kreisenden Bewegung um die Eichel herum, und reist dadurch die Haut von der Eichel. Das Kind kämpft weiter auf der Plastikschale gegen die Schmerzen. Das ist der Grund, warum das Circumstraint mit dem Operationstisch verschraubt ist. 


3. Juli, 1991; Oakland, Kalifornien: Während er ein 12 Stunden altes Baby beschnitten wird, schneidet der Arzt ein Drittel der Eichel ab. Die abgetrennte Eichel wird „wieder angebracht“, aber das Kind ist entstellt. Ein Gericht gewährte dem minderjährigen Kläger 256,000. $

12. September, 1992; San Diego, Kalifornien: Während einer Beschneidung, schneidet ein Arzt einem Jungen die Eichel ab. Der Arzt behauptet, da kein „wahrnehmbarer Funktionsverlust“ bestünde, hätte er ordnungsgemäß gearbeitet. Eine Jury gewährte dem minderjährigen Kläger 36,000$ an Schadensersatz.

18. Juli, 1995; Houston, Texas: Ein 5 Jahre alter Junge fällt ins Koma während er beschnitten wird. Er stirbt eine Woche später

„Die Komplikationsrate für die Beschneidung liegt zwischen 2 und 6 Prozent“, erklärt Dr. Van Howe. „Der durchschnittliche Junge wird mehr gesundheitliche Probleme haben wenn man ihn beschneidet, als wenn man ihn in Ruhe ließe.“

Einige Ärzte glauben, dass die nicht religiös motivierte Beschneidung aus Amerika verschwinden würden, wenn sie nicht von der Versicherung abgedeckt würde. Das ist, was in England geschah, wo die Beschneidungsrate vor dem 2. Weltkrieg ungefähr gleich wie in den USA war. Nach dem Krieg, konnten Britische Ärzte keine zwingende Gründe mehr finden um die Operation fortbestehen zu lassen, und sie wurde von der Liste der abgedeckten Leistungen gestrichen. Innerhalb einer Dekade fiel die Beschneidungsrate von 50 Prozent unter der Arbeiterklasse und 85% unter der Oberklasse auf weniger als ein halbes Prozent bei beiden ab.

Ein Tubser Desinfektionsmittel, und die Beschneidung ist komplett.

„Warum wird dieser Eingriff immer noch von den HMOs und den Krankenversicherungsunternehmen bezahlt? Die einfache Antwort ist, weil die Eltern es wollen“, sagt Dr. med. Patricia Wald, eine regionale Koordinationsvorsitzende für Kinderheilkunde für das Kaiser Permanente Medical Center in Südkalifornien. Dort beraten die Ärzte die Eltern, so dass sie eine informierte Entscheidung treffen, und führen die Operation nicht aus, solange sie nicht danach gefragt werden. „Wir bezahlen es aus Höflichkeit. Aber für mich ist es eine kosmetische Operation so wie Ohrlochstechen.“

Beschneidung ist Schätzungen zufolge ein 400 Millionen $ Geschäft in den USA. [Neueren Schätzungen zufolge ist die routinemäßige Neugeborenenbeschneidung in den USA ein 1,2 Milliarden $ Geschäft-mindestens.] Die durchschnittlichen Kosten des Eingriff schwanken zwischen 50$ und 350$, wobei der Durchschnitt bei 115$ liegt. Die gewöhnliche Vergütung der Versicherung für die Ärzte beträgt ungefähr 95$. Dr. Van Howe behauptet, dass ein geschäftiger Arzt 25000$ pro Jahr allein durch Beschneidungen erwirtschaften kann. Aber Dr. Shoemaker bezweifelt die Behauptung, dass Geld alleine hinter der Praxis stecke.

„Nachdem sie die Eltern angemessen beraten und den Eingriff durchführen“, erklärt Dr. Shoemaker „ist es kein profitabler Zeitvertreib.“


Die Vorhaut ist immer noch mit der Eichel verklebt, und der Arzt muss das Hämostat mehrere Male um die Eichel herumstochern. Das Baby schreit jetzt, sein Gesicht ist rot, seine Augen sind krampfhaft verschlossen


Die Beschneidung ist die einzige Operation in Amerika, die routinemäßig ohne Betäubung durchgeführt wird. 64-96 Prozent der beschnittenen Säuglinge erdulden diesen Eingriff mit absolut gar nichts, was den Schmerz abtöten würde. Bis vor kurzem, erzählten die Ärzte den Eltern einfach, dass sie nicht den gleichen Schmerz wie Erwachsene spüren.

„Ich wusste nicht, was Beschneidung wirklich war, als Ich einwilligte meine drei Söhne beschneiden zu lassen,“, erklärt Marilyn Milos, Gründerin und Vorsitzende der National Organization of Circumcision Information Resource Centers (NOCIRC). „Mein Arzt erzählte mir, dass es notwendig wäre, dass es nicht wehtun würde, und dass die Durchführung nur einen Moment lang dauere- wie die Durchtrennung der Nabelschnur, so dachte Ich.“

Zehn Jahre, nachdem ihr letzter Sohn geboren wurde, ging Milos zurück zur Schule um eine Ausbildung zur Krankenschwester zu machen. Als Schülerin wurde sie gebeten bei einer Beschneidung zu assistieren. „Sehen zu müssen, wie ein Teil des Penis eines Baby abgeschnitten wird-ohne ein Betäubungsmittel-war niederschmetternd“. Später, als sie als Schwester arbeitete, machte sie eine Videoaufnahme des Eingriffs und nannte diese Informed Consent (dt. etwa Informierte Zustimmung).

„Eltern hatte keine Vorstellung davon, was mit ihren neugeborenen Jungen passierte,“, erklärt sie. „Der Sinn bestand darin ihnen zu zeigen, was die Beschneidung wirklich bedeutete.“ Das Krankenhaus, das Marin General in Kalifornien, weigerte sich zukünftige Eltern das Videoband sehen zu lassen. „Sie sagten, das sei mehr, als die Eltern sehen sollten. Ich erwiderte, dann ist es vielleicht auch mehr als die Babys durchmachen sollten.“

1985 gründete Milos NOCIRC. „Es ist so eine unausprechliche Verschleierungsaktion. Die Ärzte wollen es nicht wahrhaben, die Krankenhäuser wollen es nicht wahrhaben, und folglich werden die Eltern vorsätzlich und rechtswidrig falsch informiert. Die Beschneidung ist der größte Betrugsfall in der amerikanischen Medizingeschichte.“ Neuere Studien bestätigen Milos Bauchgefühl über die Beschneidung ohne Betäubung. Eine aktuelle Ausgabe des Journal of the American Medical Association berichtet, dass „Neugeborene … die kein Anäesthetikum erhielten, große Schmerzen während und nach der Beschneidung erleiden, und dass sie unnötigen Risiken ausgesetzt werden (durch Erstickung oder Atemlähmung).“ Der Bericht führte weiter an, dass das chirurgische Geschick des Chirurgen den Schmerz nicht reduzieren könne und dass die infantile Amnesie (das „er wird sich sowieso nicht daran erinnern“-Argument) dies nicht rechtfertigen könne. Aber selbst wenn der Art ein Narkosemittel benutzen würde, müsste die Schmerzreduktion gegen andere Bedenken abgewogen werden, wie etwa das Risiko einen Tag alte Babys mit stark wirksamen Schmerzmitteln vollzupumpen.

Dann bleibt die Frage offen, wie lange der Schmerz anhält. „Die Beschneidung verursacht den Neugeborenen solch einen traumatischen Schmerz, dass er schädigende Auswirkungen auf das sich entwickelnde Gehirn haben kann.“ erklärt James Prescott, Ph.D., Vorsitzender des Institute of Humanistic Science in Long Beach, Kalifornien. Als Psychologe, der ausgiebig über Kindheitstraumata und deren Langzeitfolgen publiziert hat, erklärt Prescott, dass der Stress der Beschneidung die neuronalen Systeme schädigt, die für genitale Lustempfinden zuständig sind. Faktisch wird das Gehirn des Babys darauf kodiert Schmerz mit Vergnügen zu assoziieren. Tatsächlich ist der Schmerz derart extrem, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass Babys in eine Art Schockzustand verfielen, bei dem sie dann plötzlich leise werden und aufhören zu kämpfen.


Die Vorhaut wird schließlich von der Eichel getrennt. Mit Hilfe einer zweiten Gefäßklemme rammt der Arzt die Spitze in die Vorhaut hinein, klemmt sie ein um den Blutfluss zu begrenzen, bewegt das Hämostat einen viertel Zoll, nimmt die Schere und schneidet die Haut entlang der Klemmenlinie ein.


Zehn Jahre nachdem Milos ihre Organisation gründete, erklärten sich 24 Schwestern am St. Vincent Hospital in Santa Fe, New Mexico zu Gegnern der Säuglingsbeschneidung aus Gewissensgründen. Später gründeten einige von ihnen Nurses for the Rights of the Child (dt. Krankenschwestern für die Rechte des Kindes) „Unser Ziel ist es uneinwilligende Säuglinge und Kinder vor chirurgischen Veränderungen ihrer Genitalien zu schützen“, erklärt Mitbegründerin Mary Conant.

Vor zwei Jahren gründete der Anwalt J. Steven Svoboda, ein ehemaliger Menschenrechts-Fellow an der Juristischen Fakultät der Harvard Universität Attorneys for the Rights of the Child (dt. etwa Anwälte für die Rechte des Kindes). „Unsere Position ist, dass Beschneidung medizinischer Missbrauch ist“, erklärt er, „die Ärzteschaft, die diese tragische Entstellung der Genitalien neugeborener Jungen fortbestehen lässt, wird nun von einer Organisation aus professionellen Juristen herausgefordert.“

Die Gerichtshöfe beschäftigen sich bereits mit Klagen. Am 22. Juli 1995 befand eine Jury in Montgomery, Alabama, das Jackson Hospital and Clinic der Fahrlässigkeit für schuldig, in einem Rechtsstreit über einen die versehentliche Beschneidung eines neugeborenen Jungen gegen die Wünsche seiner Mutter. Dem minderjährigen Kläger wurden 65,000 $ zuerkannt.


Plötzlich ist das Baby still …. der Mund ist offen, aber kein Ton; der Körper ist steif. Die Vorhaut ist offen auseinandergerissen und blutet. Der Arzt reißt ein Loch in die Haut und zwing einen hohlen Stahlkegel zwischen die Vorhaut und die Eichel. Das Baby schreit erneut auf, und kämpft gegen die Bänder. Die Edelstahlkegel soll verhindern, dass die Eichel abgeschnitten wird. Mit beiden Händen platziert der Artzt eine schwere Klemme über den Kinderpenis, der durch ein Loch in der Klemme herausragt. Der Arzt zieht die Klemme an, greift das Skalpell und in einer weichen geübten Bewegung kreist er um die Vorhaut herum.


Die meisten der führenden Medizinerverbände der Welt haben sich gegen den Eingriff ausgesprochen. „Die Beschneidung Neugeborener soll nicht routinemäßig erfolgen.“ erklärt die kanadische Kinderärztevereinigung, die Canadian Paediatric Society. „Zu Beschneiden… wäre unethisch und unangemessen“,erklärt der britische Ärzteverbund. Die Australasische [Australien und Neuseeland] Kinderchirurgenvereinigung erklärt: „Die männliche Neugeborenenbeschneidung hat keine medizinische Indikation. Sie ist ein traumatischer Eingriff, der ohne Narkosemittel durchgeführt wird, um die normal, funktionale und schützende Vorhaut zu entfernen.“

Die AAP wird erwartungsgemäß ihre neue Position zur Beschneidung irgendwann im Laufe dieses Jahres veröffentlichen. „Das ist nur meine Meinung“, sagt Projektgruppen-Mitglied Dr. Shoemaker, „aber ich denke, die Academy wird sagen, dass es nicht genug medizinische Beweise gibt um die routinemäßige Beschneidung zu empfehlen. Aber es gibt auch nicht genügend Beweise um zu sagen, dass sie gar nicht durchgeführt werden solle „Wenn das passiert, wird das Grundsatzpapier wieder genau so offen für Interpretationen sein und deshalb nur eine schlechte Orientierungshilfe sein.“

[AndR. Und genauso ist es auch gekommen. Dr. Shoemaker sollte mit seiner Voraussage recht behalten, denn die aktuelle Grundsatzerklärung der AAP zur Beschneidung von 1999 kam genau zu diesem Schluss.]

Kent Kleppinger, M.D., ein Kinderarzt, der Beschneidungen durchführt, erklärt „Ich sage den Eltern, dass eine Beschneidung eine kosmetische Operation ist. Es ist nicht schwer die Mütter zu überzeugen, aber Väter setzten sich über ihre Entscheidungen hinweg. Sie wollen, dass ihre Jungen so wie die anderen Jungs im Umkleideraum aussehen. Sie wollen, dass ihre Jungs so wie sie selbst aussehen.“

Wie der Vater, so der Sohn. Das mag einer der verborgenen Gründe dafür sein, warum neugeborene Jungen in Amerika immer noch beschnitten werden. Aber Shell Thompson, ein Redakteur eines nationalen Outdoor-Magazins und Vater zweier Söhne findet, dass „Umkleideraum-Argument“ fadenscheinig. „Ich war ein fettes Kind, ein Schlauchbot. Ich wurde gnadenlos gemobbt, als ich ein Teenager war. Aber das wurden auch die dürren Kinder, und die Kinder mit Akne und die Kinder mit rotem Haar. In diesem Alter werden Jungen etwas finden, auf dem sie herumhacken können, ganz gleich, was zwischen ihren Beinen ist.“

Thomson wurde als Säugling beschnitten aber entschied sich seine Jungs nicht beschneiden zu lassen- eine Entscheidung, die immer mehr Eltern treffen. Die Beschneidungsraten fallen überall im Land. An der Westküste sind sie bereits auf 34 Prozent abgefallen. Wenn ein Baby, das heute geboren wird, seine erste Dusche in der Junior High School nimmt, ist es vermutlich in der Minderheit, falls es beschnitten ist.

Vielleicht läuft doch alles auf die grundlegende Menschenrechte des Kindes hinaus. 1996 genehmigte der kanadische Ärzteverband einen Ethikkodex, der Ärzte belehrt „sich zu weigern an Praktiken teilzunehmen oder zu unterstützen, die grundlegende Menschenrechte verletzen.“ Das würde bedeuten, im Falle der Beschneidung, dass die elterliche Vorliebe nicht die körperlichen Rechte des Kindes auf seinen Körper außer Kraft setzen darf.

Margaret Sommervill, Professorin für Recht und Medizin an der McGill Universität in Montreal und Gründungsmitglied der Zentrums für Medizin, Ethik und Recht, ließ vor kurzem allen nordamerikanischen Kinderärzten die Nackenhaare zu Berge stehen, als sie erklärte, dass die Beschneidung "technische Körperverletzung" sei.

„Wenn man einmal entscheidet, dass die Beschneidung nicht medizinisch notwendig ist, nimmt man ihr den therapeutischen Zweck und die Beschneidung wird eine ungerechtfertigte Verletzung“, sagt sie.

Leo Sorger, M.D., wird in der ObGYN News sogar noch deutlicher: “Beschneidung verursacht Schmerzen, Trauma und einen permanenten Verlust von schützendem und erogenem Gewebe. Die Entfernung dieses normalen, gesunden und funktionalen Gewebes [ohne medizinischen Grund] verletzt die UN-Erklärung der allgemeinen Menschenrechte der Vereinten Nationen (Artikel 5) und der UN Konvention über die Rechte des Kindes (Artikel 13).”/p> 

Im September 1996 erließ der US-Kongress ein Gesetz, dass die Verstümmlung weiblicher Genitalien verbietet. „Amerikaner sind schockiert über die weibliche Genitalverstümmlung“, erklärt Anwalt Svoboda, „aber irgendwie erkennen sie nicht die routinemäßige Folter, die sich in ihrer eigenen Kultur abspielt.“ Er erkennt an, dass eine Klitoridektomie eine schwerwiegendere und schädlichere Operation als eine Beschneidung ist, er argumentiert aber, „die Menschenrechte sagen nicht, wenn sie vier Zehen abschneiden, ist es eine Menschenrechtsverletzung, aber wenn sie nur drei abschneiden ist es OK. So funktioniert das Menschenrechtsgesetz nicht. Wenn es falsch ist, ist es falsch. Unfreiwillige Beschneidung ist falsch.“


Die Vorhaut wird wie eine Orangenschale abgeschält. Das Baby weint immer noch. Nach einigen Minuten entfernt der Arzt die Klemme, schlüpft aus seinen Handschuhen und geht. Die Schwester trägt schnell eine antiseptische Salbe auf die Beschneidungswunde bringt das zitternde Kind zurück zu seinen Eltern.


aus Men’s Health, Juli/August 1998, Seiten 130-135,163.