In den USA wurde um 1870 die Beschneidung als Mittel gegen die in der damaligen Gesellschaft verabscheute Selbstbefriedigung eingeführt. Selbstbefriedigung, jugendliche Rebellion und Promiskuität sollten mit dieser Operation auf einen Schlag ausgemerzt werden. Folglich kam es im Laufe des 20. Jahrhunderts zu Routinebeschneidungen, von der immer mehr männliche Babys betroffen waren.
Als sich nach Jahrzehnten in einer liberaler gewordenen Öffentlichkeit die Beschneidung zur Masturbationsverhinderung nicht mehr argumentieren ließ, wurden im Handumdrehen andere Begründungen erfunden, um die bestehende Praxis zu rechtfertigen. Die Begründungen reichten von vereinfachter Hygiene und Verringerung von Harntraktinfekten bis hin zur Verhinderung von Peniskrebs, Gebärmutterkrebs sowie Geschlechtskrankheiten.
Viele der damaligen Behauptungen über angebliche Vorteile der Beschneidung wurden inzwischen entkräftet oder widerlegt entkräftet. Die Routinebeschneidung in den USA ist inzwischen zwar rückläufig, jedoch werden derzeit noch immer etwa 50% aller männlichen Neugeborenen beschnitten.
Da man davon ausging, dass Babys aufgrund ihres unterentwickelten Nervensystems noch keine Schmerzen empfinden können, wurden die meisten Neugeborenen in einer Fesselschale (circumstraint) fixiert und ohne Betäubung beschnitten. Dies war noch bis Mitte der 1990er Jahre bei mehr als 85% der Babys in den USA der Fall.* Schätzungen zufolge sterben jedes Jahr 100 Babys allein in den USA an den direkten Folgen der Beschneidung.**
* Garry T. Circumcision: a survey of fees and practices. OBG Management 1994. (October): 34-6.
** Bollinger D. "Lost Boys: An Estimate of U.S. Circumcision-Related Infant Deaths". Thymos: Journal of Boyhood Studies 2005; 4(1): 78-90