19. Nov. 2009
von Sarah Tennant
Die weibliche Genitalverstümmelung kann grob in vier Typen unterteilt werden, die sich hinsichtlich ihres Schweregrades unterscheiden. Die FGM der Kategorie Typ 1 wird von der Weltgesundheitsorganisation definiert als "Entfernung der Vorhaut, mit oder ohne der teilweisen oder vollständigen Entfernung der Klitoris."
Die Vorhaut oder Klitorisvorhaut der Frau ist ein zur männlichen Vorhaut homologes Organ (welches deshalb auch Vorhaut genannt wird). Folglich ist die Entfernung der Vorhaut- der Penis- oder der Klitorisvorhaut, biologisch vergleichbar. FGM Typ II, III und IV sind nicht medizinisch mit der Beschneidung beim Mann vergleichbar, da sie größeren Schaden verursachen und die Entfernung nicht-homologer Organe mit sich bringen.
Sowohl die Klitorisvorhaut wie auch die Vorhaut des Penis bedecken sensitive Sexualorgane-die Klitoris bzw. die Eichel. Die Bedeckung dieser Organe ermöglicht es, dass diese Organe feucht bleiben und eine dünne Hautschicht haben, so dass ein Maximum an sexueller Empfindlichkeit erreicht wird. Wenn die Klitoris-oder die Penisvorhaut weggeschnitten wird, werden diese eigentliche innere Organe zu äußeren Organe. Da sie als solche nicht länger geschützt sind, werden sie eine Zeit lang nach der Operation gegenüber Berührungen hyperempfindlich und werden leicht durch Reibung mit der Kleidung wundgerieben. Im Laufe der Zeit, trocknen diese Organe aus und entwickeln eine Schutzschicht aus dicker Haut. Das führt zu verringerter Sensitivität, was manchmal bis zur sexuellen Dysfunktion (Impotenz) reichen kann.
Entgegen der landläufigen Meinung, hindert die weibliche Beschneidung des Typ I Frauen keines falls daran, einen Orgasmus zu erreichen. Frauen, die auf diese Weise beschnitten wurde, genau wie einige beschnittene Männer, berichten über ein befriedigendes Sexleben. Eine Studie an beschnittenen und nicht beschnittenen Frauen in Nigeria stellte keinen angegeben Verlust an sexuellem Vergnügen unter Frauen fest, die verschieden Typen der FGM unterworfen wurde, obwohl es andere negativen Auswirkungen festgestellt wurden, so etwa eine erhöhte Anzahl von Infektionen des Reproduktionstraktes.
Auf ähnliche Weise hindert die männliche Beschneidung einen Mann nicht daran ein mehr oder weniger befriedigendes Sexleben zu haben. Aber es wurde erwiesen, dass die Beschneidung die sexuelle Funktion und das sexuell Lustempfinden negativ beeinflusst. Eine Studie an Männern, die als Erwachsene beschnitten wurden, berichtet:
Erwachsenenbeschneidung scheint zu verschlechterter erektiler Funktion (p = 0.01), verringerter Penissentivität (p = 0.08), keiner Änderung in der sexuellen Aktivität (p = 0.22) und erhöhter Befriedigung (p = 0.04) zu führen.
(Fink KS, Carson CC, DeVellis RF. Adult Circumcision Outcomes Study: Effect on Erectile Function, Penile Sensitivity, Sexual Activity and Satisfaction. Journal of Urology 2002;167(5):2113-2116.)
Es sollte angemerkt werden, dass die meisten Männer dieser Studie aus medizinischen Gründen beschnitten wurden -ein Umstand, der ihre Wahrnehmung des intakten im Vergleich mit dem beschnitten Zustand beeinflusst haben kann. Daher erklärt sich auch die marginale Erhöhung der wahrgenommenen Befriedigung.
Eine weitere Studie zeigte, dass die Beschneidung die sexuell empfindlichsten Teile des Penis entfernt. Es wurden hochsensible Stellen auf dem intakten Penis gefunden, die empfindlicher sind als die empfindlichste Stelle, die der beschnittene Penis noch besitzt-die ventrale Oberfläche der Beschneidungsnarbe.
(Sorrells ML, Snyder JL, Reiss MD, et al. Fine-touch pressure thresholds in the adult penis. British Journal of Urology International 2007;99:864-9.)
Vergleiche zwischen männlicher und weiblicher Beschneidung müssen komplex und nuanciert sein. Die Schweregrade der Genitalbeschneidung, kulturelle Einstellungen und Vorurteile gegenüber der Beschneidung, die sanitären Bedingungen, in der der Eingriff durchgeführt wird, die Häufigkeit und Schweregrade der sexuellen und medizinischen Nachteile sind alles Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Eindeutig ist aber, dass eine gewisse Analogie besteht, wenn homologe Organe entfernt werden, was ähnliche aber nicht gleiche Auswirkungen auf das sexuelle Vergnügen und die sexuelle Funktion hat. Deshalb und aufgrund der bioethischen Analogien zwischen männlicher und weiblicher Beschneidung neigen Beschneidungsgegner dazu, den Begriff "Männliche Genitalverstümmelung" zu verwenden, und nicht "Beschneidung".