Keine Ärzteorganisation der Welt empfiehlt in ihrer Stellungnahme die Beschneidung von Jungen.
Dennoch lassen sich gewisse Unterschiede hinsichtlich der Ablehnung der Beschneidung von Jungen zwischen den Medizinerverbänden der einzelnen Länder festmachen:
Medizinerverbände aus den angelsächsischen Ländern, in denen es eine tief-verwurzelte Beschneidungstradition gibt und wo viele Ärzte von der Durchführung von Beschneidungen profitieren, beziehen einen neutralen Standpunkt und beschreiben die Beschneidung als unnötige und nicht-therapeutische Maßnahme. Dagegen sprechen sich europäische Ärzteverbände einheitlich für die Abschaffung der medizinisch unnötigen Beschneidung von Jungen aus.
Alle kontinentaleuropäischen Medizinerverbände, die bislang Stellungnahmen zur Beschneidung von Jungen herausgebracht haben, fordern ein rechtliches Verbot der medizinisch nicht notwendigen Beschneidung minderjähriger Jungen oder deren „Abschaffung durch Abschreckung“
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Seit den 1970er Jahren haben Medizinerorganisationen zahlreicher englischsprachiger Länder Grundsatzerklärungen/offizielle Stellungnahmen zur Beschneidung veröffentlicht, oft mit einem Schwerpunkt auf der dort ehemals stark verbreiteten routinemäßigen Säuglingsbeschneidung. Bis in die 2000er Jahre haben Medizinerverbände aus nicht-englischsprachigen Ländern keine offiziellen Stellungnahmen zur Beschneidung herausgebracht. Dies änderte sich 2004, als der Finnische Ärztebund als erster kontinentaleuropäischer Ärzteverband eine Standpunkterklärung zur nicht-therapeutischen Beschneidung veröffentlichte, die aber international wenig Beachtung fand. Auf größere Resonanz traf der Niederländische Ärztebund, als er 2010 zusammen mit anderen großen niederländischen Medizinerverbänden eine gemeinsame Erklärung zur nicht-therapeutischen Beschneidung veröffentlichte.
Medizinerorganisationen sind politische und berufliche Interessenverbände von Ärzten, die oft auch die Pflicht haben, die materiellen Interessen ihrer Ärztemitglieder zu repräsentieren, von denen einige – besonders in Ländern, in denen eine Routinebeschneidungspraxis weit verbreitet war oder noch ist – von der Durchführung von Beschneidungen profitieren. Dem Schutz des Einkommens und des Vermögens der Mitglieder kann unter Umständen ein hoher Stellenwert beigemessen werden. Die Verpflichtung zum Schutz und zur Interessenvertretung der Mitglieder kann in einigen Fällen eine ehrliche Darstellung der Auswirkungen der nicht-therapeutischen Beschneidung behindern.
Der Königlich Niederländische Ärztebund (Koninklijke Nederlandsche Maatschappij tot bevordering der Geneeskunst) gemeinsam mit der niederländischen Gesellschaft für Urologie (De Nederlandse Verneigung voor Urologie), der niederländischen Gesellschaft für Kinderchirurgie (Nederlandse Vereniging voor Kinderchirurgie), der niederländischen Gesellschaft für plastische Chirurgie (Nederlandse Vereniging voor Plastische Chirurgie), der niederländischen Gesellschaft für Kinderheilkunde (Nederlandse Vereniging voor Kindergeneeskunde) veröffentlichten 2010 eine 17 Seiten lange Grundsatzerklärung zur Beschneidung minderjähriger Jungen. In ihrer Standpunkterklärung fordern die Ärzteverbände die Abschaffung der medizinisch unnötigen Beschneidung von Minderjährigen durch eine konsequente Politik der Abschreckung.
Die Standpunkterklärung stellt klar, dass die Beschneidung normaler männlicher Säuglinge oder Kinder keine gesundheitlichen Vorteile mit sich bringt, mit einem beträchtlichen Risiko für Komplikationen, sowie mit körperlichen und psychischen Schäden einhergeht, eine schädliche Auswirkung auf die sexuelle Funktion hat und eine Verletzung der Kinderrechte auf körperliche Unversehrtheit darstellt. Darüber hinaus führt die Erklärung aus, dass es diskriminierend ist, sämtliche Formen der Genitalbeschneidung bei Mädchen zu verbieten, während Jungen überhaupt kein Schutz vor unnötigen Genitalbeschneidungen gewährt wird.
„Die nicht-therapeutische Beschneidung minderjähriger Jungen ist eine Verletzung der Rechte des Kindes auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit.
Entgegen verbreiteter Vorstellungen birgt die Zirkumzision das Risiko von medizinischen und psychologischen Komplikationen. Die häufigsten Komplikationen umfassen Blutungen, Infektionen, Verengungen der Harnröhrenöffnung, und Panikattacken.
Die KNMG ruft … Ärzte dazu auf, Eltern, die die nicht-therapeutische Beschneidung minderjähriger Jungen erwägen, mit Nachdruck über das Risiko von Komplikationen und über das Fehlen überzeugender medizinischer Vorteile aufzuklären.“
Die Gesellschaften für Sexualforschung von insgesamt sechs Ländern – sämtliche skandinavische Länder und Estland – welche sich in der Nordic Association of Clinical Sexology NARCS (deutsch etwa: Nordische Gesellschaft für Klinische Sexologie) zusammengeschlossen haben, haben sich in einer gemeinsamen Erklärung gegen die nicht-therapeutische Beschneidung minderjähriger Jungen ausgesprochen und stellen klar, dass die Vorhaut für das sexuelle Empfinden und die sexuelle Funktion eine wichtige Rolle spielt.
In ihrer am 10. Oktober 2013 veröffentlichten Erklärung erklären die sechs Sexualforschungsgesellschaften: Einen Jungen mit normalen, gesunden Genitalien zu beschneiden „beraubt ihm das Recht erwachsen zu werden und seine eigene informierte Entscheidung zu treffen“. Sie kommen zu dem Schluss, dass sofern keine zwingenden medizinischen Gründe vorliegen, die „Entscheidung das Aussehen, die Sensitivität und Funktionalität des Penis zu verändern, seinem Besitzer überlassen bleiben sollte.“
Am 30 September haben die Kinderärzteverbände und die Kinderchirurgenverbände der drei skandinavischen Länder (Schweden, Norwegen, und Island), zusammen mit sämtlichen Kinderombudsmänner und -frauen aller fünf skandinavischer Länder (Schweden, Norwegen, Island, Finnland und Dänemark) sowie Grönland eine gemeinsame Standpunkterklärung zur Beschneidung veröffentlicht. In dieser Erklärung positionieren sich die Medizinerverbände und Kinderombudsmänner klar gegen die Beschneidung von Jungen. Sie beschreiben die nicht-therapeutische Beschneidung männlicher Kinder sowohl als eine Verletzung der Menschenrechte des Kindes als auch eine Verletzung „grundlegender medizinisch-ethischen Grundsätze“ und fordern ferner ein rechtliches Verbot dieses Eingriffs.
Am 30. September 2013, zeitgleich zur Veröffentlichung der gesamtskandinavischen Erklärung zur Beschneidung, die gemeinsam von allen skandinavischen Kinder-Ombundsmänner sowie den Kinderchirurgenverbänden und Kinderärzteverbände Schweden, Norwegen, und Island veröffentlicht wurde, wandten sich drei schwedische Medizinerorganisationen - der Schwedische Kinderärzteverband, der Schwedische Kinderchirurgenverband und die Schwedische Gesellschaft für Medizin- noch mit einer eigenen Erklärung an die Öffentlichkeit. In dieser Erklärung sprechen sie sich für ein rechtliches Verbot der nicht-therapeutischen Beschneidung nicht-einwilligungsfähiger Jungen aus.
Nach jahrelanger Beratung veröffentlichte der Schwedische Kinderärzteverband, Anfang 2012, eine Stellungnahme zur männlichen Beschneidung. Er fordert darin ein gesetzliches Verbot medizinisch nicht notwendiger Beschneidungen von Minderjährigen.
Der Schwedische Kinderärzteverband brachte kein öffentliches Positionspapier zu seiner Stellungnahme heraus, sondern übermittelte eine offizielle Erklärung an die oberste schwedische Gesundheitsbehörde, das Nationale Amt für Gesundheit und Sozialwesen den Socialstyrelsen, in der er klarstellt, dass die nicht-therapeutische Beschneidung eine Körperverletzung darstellt und gesetzlich verboten werden muss.
„Die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen sollte in Schweden verboten werden, erklärt der Schwedische Kinderärzteverband, in einer Erklärung an das Nationale Amt für Gesundheit und Sozialwesen.
Nach jahrelanger Diskussion, bezieht der Schwedische Kinderärzteverband (BLF) Stellung und stellt in einer Erklärung an das Amt für Gesundheit und Sozialwesen fest, dass rituelle Beschneidungen von Jungen abgeschafft werden müssen.
Der Haupteinwand gegen die Beschneidung... ist, dass das Kind nicht in der Lage ist, selbst zu entscheiden. Der Eingriff verstößt gegen die körperliche Unversehrtheit des Kindes wie auch über sein Selbstbestimmungsrecht sowohl über seinen eigenen Körper als auch über seine zukünftigen religiösen Überzeugungen.“
Im September 2013 bekräftigte der Schwedische Kinderärzteverband seine Position zur Beschneidung von Jungen zwei Mal öffentlichkeitswirksam, indem er sich, in gleich zwei Erklärungen, für ein rechtliches Verbot der nicht-therapeutischen Beschneidung von Jungen aussprach.
Der Schwedische Kinderärzteverband beteiligte sich an der gesamt-skandinavischen Erklärung der skandinavischen Kinderombudsmänner und Kinderärzteverbände und Kinderchirurgenverbände Norwegens, Schwedens und Islands vom 30. September 2013, in der ein rechtliches Verbot der Beschneidung von Jungen gefordert wird.
Der Schwedische Kinderärzteverband beteiligte sich darüber hinaus an der gemeinsamen Erklärung schwedischer Medizinerverbände und des schwedischen Kinderombudsmanns, in der ebenfalls ein rechtliches Verbot der Beschneidung von Jungen gefordert wird.
Ebenso wie ihr Schwesterverband, der Schwedische Kinderchirurgenverband, beteiligte sich der Schwedische Kinderchirurgenverband im Jahr 2013 an zwei Erklärungen zur Knabenbeschneidung, in der sich der Verband für ein Verbot der nicht-therapeutischen Beschneidung von Jungen ausspricht.
Der Schwedische Kinderchirurgenverband beteiligte sich an der gesamt-skandinavischen Erklärung der skandinavischen Kinderombudsmänner und Medizinerverbände vom 30. September 2013, in der ein rechtliches Verbot der Beschneidung von Jungen gefordert wird.
Der Schwedische Kinderchirurgenverband beteiligte sich an der gemeinsamen Erklärung schwedischer Medizinerverbände und des schwedischen Kinderombudsmanns, in der ebenfalls ein rechtliches Verbot der Knabenbeschneidung gefordert wird.
Die Schwedische Gesellschaft für Medizin ist einer der ältesten Medizinerverbände Europas und der Welt.
Die Schwedische Gesellschaft für Medizin beteiligte an der gemeinsamen Erklärung schwedischer Medizinerverbände und des schwedischen Kinderombudsmann vom 30. September 2013, in der ein rechtliches Verbot der nicht-thereapeutischen Beschneidung von Jungen gefordert wird.
Der Norwegischer Kinderärzteverband beteiligte sich –zusammen mit den skandinavischen Kinderombudsmänner, dem Norwegischen Kinderchirurgenverband sowie den Kinderärzte- und Kinderchirurgenverbänden Schwedens und Islands– an einer gemeinsamen Erklärung zur Beschneidung von Jungen vom 30. September 2013. Er fordert darin ein rechtliches Verbot der nicht-therapeutischen Beschneidung von Jungen
Der Norwegische Kinderchirurgenverband beteiligte sich ebenfalls an der gemeinsamen Erklärung der skandinavischen Kinderombudsmänner und Medizinerverbände vom 30. September 2013, in der unter anderem ein rechtliches Verbot der nicht-therapeutische Beschneidung von Jungen gefordert wird.
Der Isländische Kinderärzteverband beteiligte sich an einer gemeinsamen Erklärung der skandinavischen Kinderombudsmänner und die Kinderärzteverbände und Kinderchirurgenverbände Norwegens und Schwedens zur Beschneidung von Jungen vom 30. September 2013. In dieser Erklärung fordert der Isländische Kinderärzteverband ein rechtliches Verbot der nicht-therapeutischen Beschneidung von Jungen.
Anlässlich eines Vorschlags, rituelle Beschneidungen in öffentlichen Krankenhäusern anzubieten, brachte die Zentralunion für Kinderschutz (Lastensuojelun Keskusliitto) eine Standpunkterklärung zur Beschneidung von Jungen heraus. Die Zentralunion für Kindergesundheit fordert ein gesetzliches Verbot der Beschneidung minderjähriger Jungen:
Auch der finnische Ärztebund fordert in seiner Standpunkterklärung zur Beschneidung von 2004 ein gesetzliches Verbot medizinisch unnötiger Beschneidungen von Minderjährigen.
Der Finnische Ärztebund erklärt, dass die Beschneidung keinerlei medizinische Vorteile habe, die Gesundheit des Kindes gefährde, und sein Recht auf körperliche Unversehrtheit verletze.
Auch betont der Ärztebund, dass gemäß der finnischen Verfassung, das elterliche Recht auf freie Religionsausübung nicht das Recht einschließt, das Recht anderer (einschließlich ihrer Kinder) auf körperliche Unversehrtheit zu verletzen
Der Finnische Ärztebund hat darüber hinaus der Beschneidung von Jungen und Mädchen einen Artikel in einer offiziellen Publikation des Verbands zur Medizinethik gewidmet.
In der Folge des Urteils des Kölner Landgerichts, demzufolge die Beschneidung nicht einwilligungsfähiger Kinder ohne medizinische Notwendigkeit eine strafbare Körperverletzung darstellt, haben zahlreiche deutsche Ärzteverbände zum ersten Mal eine offizielle Standpunkterklärung zur (nicht-therapeutischen) Beschneidung minderjährigen Jungen veröffentlicht.
Allen gemein ist, dass Medizinerverbände, ähnlich wie der Finnische Ärztebund und der Schwedische Kinderärztebund, ein Verbot der nicht-therapeutischen Knabenbeschneidung fordern, bzw. erklären, dass diese nach den bestehenden Gesetzen als Körperverletzung angesehen werden muss.
Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie erklärt, dass die nicht-therapeutische Beschneidung nichteinwilligungungsfähiger Jungen eine strafbare Körperverletzung darstellt.
Aus diesem Grunde begrüßte die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie das Urteil des Kölner Landgerichts:
„Mit der prinzipiellen Feststellung der Rechtswidrigkeit medizinisch nicht indizierter Beschneidungen bei nicht einwilligungsfähigen Knaben bestätigt das Gericht die von der DGKCH vertretene und viel diskutierte Meinung. Das nun ergangene Urteil festigt diese Einschätzung und gibt gleichzeitig Rechtssicherheit. Zugleich wird mit dem Urteil das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Kindes unterstrichen.“
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte veröffentliche seine Stellungnahme zur Beschneidung von Jungen in Form einer Presseerklärung. Er erklärt darin:
„Bei der aktuellen Diskussion über die rituelle Beschneidung minderjähriger Jungen müssen das Kindeswohl und das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit an erster Stelle stehen“
„[D]ie Befürworter der Beschneidung bagatellisieren diese Form der Körperverletzung, bei der es auch zu lebenslangen körperlichen und vor allem seelischen Verletzungen kommen kann. Und für die Politik scheint der Rechtsfrieden mehr zu zählen als das persönliche Trauma. …
„Uns ist bewusst, dass nach Art. 3 des Grundgesetzes „Niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf… Darüber aber steht Art 2 des Grundgesetzes, wonach „jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit hat“. Dies ist nach Auffassung des BVKJ gerade bei minderjährigen Kindern das höhere Recht.
Im Zuge der fortlaufenden öffentlichen Debatte zum Kölner-Urteil brachte der Bundesverband für Kinder- und Jugendärzte zwei weitere Presseerklärungen heraus. In der ersten Stellungnahme von 28. 8. 2012 verurteilte der BVJK die "Kompromiss"-Entscheidung des Nationalen Ethikrates :
Die zweite Stellungnahme (Stand 14.9.2012) veröffentlichte der BVJK anlässlich der Freistellung der von der BVJK zusammen mit der Deutschen Kinderhilfe und dem Bund Deutscher Kriminalbeamten initiierten Petition für ein Beschneidungsmoratorium. In dieser Stellungnahme bezieht der BVJK erneut entschieden Stellung gegen die nicht-therapeutische Beschneidung und verweist dabei auf medizinische und psychologische Folgen und Risiken, sowie auf medizinethische und menschenrechtliche Einwände gegen den Eingriff.
Zur Anhöhrung am 26. November 2012 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, „Entwurf eines Gesetzes über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes“, mit der die Legalität der Kinderbeschneidung gesetzlich verankert werden soll, veröffentlichte der Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte erneut eine Stellungnahme.
Die Deutsche Akademie für Kinder und Jugendmedizin (DAKJ e. V.), der Dachverband der kinder- und jugendmedizinischen Verbände Deutschlands (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin) veröffentlichte eine Stellungnahme zur Beschneidung von Jungen.
Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin schließt sich darin der Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie an und stellt klar, dass die die Beschneidung nicht-einwilligungungsfähiger Jungen eine strafbare Körperverletzung darstellt:
„Die rituelle Beschneidung als Körperverletzung zu werten ist somit auch aus ärztlicher Sicht richtig. Sie verändert den Körper des Kindes irreversibel, ohne dass dafür eine medizinische Indikation vorliegt. Der Eingriff, soweit nicht kinderchirurgisch durchgeführt, ist robust und blutig. Er ist mit einer nicht zu vernachlässigenden Komplikationsrate von immerhin 6% belastet. Sofern dieser Eingriff nach mosaischem und nach klassischem muslimischem Ritus traditionell ohne Analgesie durchgeführt wird, ist diese Art der Beschneidung ein mit erheblichen Schmerzen verbundener Eingriff.“
Zur Annäherung am 26. November 2012 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes“, mit der die Legalität der Kinderbeschneidung gesetzlich verankert werden soll, veröffentlichte der Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte erneut eine Stellungnahme, die mit der Deutsche Akademie für Kinder und Jugendmedizin (DAKJ e. V.) abgestimmt wurde.
Der Australische Ärztebund, das Royal Australasian College of Physicians (RACP), veröffentlichte seine neue Grundsatzerklärung zur nicht-therapeutischen Beschneidung männlicher Kinder. In der Erklärung heißt es:
„Nach der Untersuchung der aktuell verfügbaren Beweise, vertritt die RACP die Ansicht, dass die Häufigkeit der Krankheiten, die durch die Zirkumzision beeinflussbar sind, das Maß an Schutz, welches die Zirkumzision bietet, und die Komplikationsraten der Beschneidung eine routinemäßige Beschneidung in Australien und Neuseeland nicht rechtfertigen.“
Die Australasian Association of Paediatric Surgeons (AAPS) (Australische Kinderchirurgenverband) erklärte in ihrer Stellungnahme zur Beschneidung von Jungen:
„Der Australische Kinderchirurgenverband, lehnt die routinemäßige (medizinisch unnötige) Beschneidung männlicher Neugeborener, Säuglinge oder Kinder in Australien ab. …. Wir lehnen die Entfernung eines normalen Körperteils ab, außer wenn eindeutige Indikationen vorliegen, um die möglichen Komplikationen und Risiken zu rechtfertigen. Insbesondere lehnen wir es ab, dass männliche Kinder einem Eingriff unterzogen werden, den, wären sie alt genug gewesen um die Vorteile und Nachteile selbst zu bewerten, möglicherweise abgelehnt hätten und sich dafür entschieden hätten ihre Vorhaut zu behalten.“
Die Kanadische Gesellschaft für Kinderheilkunde (Canadian Paediatric Society) veröffentliche 1996 ihre Standpunkterklärung zur Beschneidung. Die Kanadische Gesellschaft für Kinderheilkunde erklärt:
„Die Beschneidung von Neugeborenen soll nicht routinemäßig (d. h. nicht ohne medizinische Indikation) durchgeführt werden.“
Der Ärztebund von British Kolumbien (College of Physicians and Surgeons of British Columbia (CPSBC) veröffentlichte 2004 eine offizielle Standpunkterklärung zur Beschneidung von Jungen. Darin heißt es:
„Das gegenwärtige Verständnis über die Vorteile, die Risiken und möglichen Schäden dieses Eingriffs rechtfertigt diese Praktik nicht mehr länger als prophylaktische, vorteilhafte Gesundheitsmaßnahme. Die routinemäßige (medizinisch nicht notwendige) Beschneidung an einem gesunden Säugling wird heute als eine nicht-therapeutische und medizinisch unnötige Intervention angesehen.“
Das Bioethikkomitee des Amerikanischen Kinderärzteverband veröffentlichte 1995 eine neue Grundsatzerklärung zur informierten Einwilligung in der pädiatrischen Praxis. Die AAP erstellte diese neue Erklärung, um ihre Grundsatzpolitik mit den Bestimmungen der UN Convention on the Rights of the Child (1989) in Einklang zu bringen. Die Erklärung des AAP-Bioethikkommitees zur informierten Einwilligung von 1995 führt aus, dass Eltern nur das Recht haben, der Diagnose und Therapie (stellvertretend für ihrer Kinder) ihre Einwilligung zu erteilen. Dies schließt die Einwilligung in nicht-therapeutische Beschneidungen aus, da es sich dabei weder um ein Diagnoseverfahren, noch um eine Therapie handelt. Die Erklärung ruft auch dazu auf, nicht essentielle Eingriffe auf ein Alter zu verschieben, in dem das Kind aufgrund seiner geistigen Entwicklung fähig ist, selbst die Einwilligung zu erteilen bzw. zu verweigern.
So heißt es in der Standpunktklärung zur informierten Einwilligung in der Pädiatrie:
„Wir erkennen heute an, dass die Doktrin der "Informierten Einwilligung" nur begrenzt direkte Anwendung auf die Pädiatrie hat. Nur Patienten, die die notwendige Entscheidungsfähigkeit und die rechtliche Bevollmächtigung haben, können ihre informierte Einwilligung in medizinische Eingriffe erteilen. In allen anderen Situationen, erteilen Eltern oder andere Sorgeberechtigte eine informierte Erlaubnis zur Diagnose und Therapie von Kindern, mit der Zustimmung des Kindes, wann immer dies angemessen ist.“
Die Internationale Koalition für die Genitale Unversehrtheit (International Coalition for Genital Integrity (ICGI)) veröffentlichte 2007 eine ausführliche Standpunkterklärung.
Doctors Opposing Circumcision veröffentlichte 2008 eine Standpunkterklärung zur männlichen Beschneidung.