Kolumne von Arie Kruseman Nieuwenhuijzen, Vorsitzender der KNMG
Vor einigen Jahren wurde ein Hausarzt wegen der Durchführung einer Beschneidung eines Kleinkindes zu Disziplinarmaßnahmen verurteilt. Die Operation führte bei dem Kind zu einer vollständigen Nekrose der Eichel, der Haut und der Harnröhre. Eine traurige Sache, vor allem für den betroffenen Jungen, der den Rest seines Lebens mit den Folgen der misslungenen Operation leben muss. Was diesen Fall besonders bedauerlich macht ist, dass es sich hierbei um eine medizinisch unnötige Operation handelte.
Bei jedem chirurgischen Eingriff können leider Komplikationen auftreten. Zu einem gewissen Grad akzeptieren wir das, sofern es einen medizinischen Grund für den Eingriff gibt. Aber Risiken bei medizinisch nicht notwendigen Eingriffen, wie bei der Beschneidung Jungen sind nicht zu rechtfertigen.
Diese Woche hat die KNMG eine formale Standpunkterklärung zur nicht-therapeutische Jungenbeschneidung herausgebracht. Dieser Standpunkt stellt eindeutig klar: Die nicht-therapeutische Beschneidung von Jungen ist eine irreversible, medizinisch unnötige Operation an einem einwilligungsunfähigen Patienten, die Ärzte im Prinzip nicht durchführen sollten. Das Schneiden bei gesunden Kindern müssen wir daher versuchen zu verhindern.
Es gibt gute Gründe für ein gesetzliches Verbot, wie es für Tätowierungen, Piercings und weibliche Genitalverstümmelung existiert. Die Gefahr eines gesetzlichen Verbotes ist, dass die Operation in den Untergrund gehen wird, mit all den Konsequenzen für die betroffenen Kinder.
Bei der Formulierung der Standpunkterklärung ist die KNMG nicht übereilt vorgegangen. Es wurden Treffen mit Experten abgehalten und es gab umfangreiche Konsultationen mit den relevanten wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Gerade sie finden diese klare Position von großer Bedeutung. Somit gibt es einen breiten Konsens unter den medizinischen Organisationen, dass die nicht-therapeutische Beschneidung von Jungen in größtmöglichem Umfang entmutigt und begrenzt werden muss.
Auch die Mitglieder-Umfrage zeigt, dass auch die einzelnen Mitglieder (Ärzte) der KNMG die Standpunkterklärung unterstützen. Fast 70 Prozent denken, dass die KNMG einen Standpunkt zu diesem Thema einnehmen muss und 80 Prozent der Mitglieder sind der Meinung, dass Ärzte von diesem Eingriff abraten müssen.
Mir ist bewusst, dass diese Standpunkterklärung bei vielen Menschen emotionale Reaktionen auslösen kann. Die Operation wird in der Tat mit tiefen religiösen, symbolischen und kulturellen Gefühlen umgeben. Ich respektiere diese Gefühle und es ist nicht die Absicht des KNMG diese Gefühle zu beleidigen oder zu verharmlosen. Doch gehört es meiner Ansicht nach zur Aufgabe der KNMG auch zu einem kontroverses Thema eine klare Haltung einzunehmen. Es werden in der Tat gesundheitliche Folgen auf diesen Eingriff zurückgeführt, die Operation wird auch in der Regel von Ärzten durchgeführt und Ärzte werden regelmäßig mit den manchmal dramatischen Komplikationen der Beschneidung konfrontiert.
Es ist, so denke ich, daher die Pflicht von Ärzten, Eltern, die diesen Eingriff erwägen, aktiv und mit Nachdruck über das Fehlen von medizinischen Vorteilen und die reale Gefahr von Komplikationen zu informieren. Im Namen des KNMG rufe ich zu einem respektvollen gesellschaftlichen Dialog über dieses Thema mit den betroffenen religiösen Gruppen und anderen Betroffenen auf.
Arie Nieuwenhuijzen Kruseman, Vorsitzender der KNMG
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